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Hans Haider

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2025-01-18

Redebeitrag auf Friedensdemo

am 18.01.2025 in Villach

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde der Kärntner Friedensbewegung.

Ich begrüße euch im Namen unseres Vereins „Erinnern-Villach“ sehr herzlich hier beim „Denkmal der Namen“. Dieses Denkmal, das an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erinnert, ist ein Denkmal des Friedens. Es ist ein Denkmal gegen Rassismus. Es ist ein Denkmal gegen Antisemitismus. Der Antisemitismus ist über die Jahrhunderte hinweg immer ein Bestandteil der christlich-westlichen Zivilisation gewesen. Allen Formen des Antisemitismus ist eine Vorstellung von jüdischer Macht gemeinsam: Im Mittelalter die Macht Gott zu töten und in der Neuzeit Kapitalismus und Sozialismus herbeizuführen. Von einem Antisemiten wird das internationale Judentum als das wahrgenommen, was hinter den Kräften steht, die zum Niedergang althergebrachter sozialer Zusammenhänge, Werte und Institutionen führen.

Wir von der Kärntner Friedensbewegung bekämpfen den Antisemitismus. Wir halten den Antisemitismus für ein gefährliches Gift. Es erscheint uns wichtig das einleitend zu sagen, denn wir sind nicht der Ansicht, dass die Kritik an der Politik Isreals gleichzusetzen ist mit Antisemitismus. Das ist nicht nur falsch, sondern es ist eine Diffamierung. Wir sind empört. Seit mehr als einem Jahr erleben wir ein unfassbares Ausmaß an Tod und Zerstörung im von Israel besetzten Gazastreifen. In Reaktion auf Kriegsverbrechen der Hamas und anderer bewaffneter palästinensischer Gruppen bei ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 hat die israelische Armee eine brutale Militäroffensive begonnen. Israel hat zehntausende Menschen getötet, ganze Familien ausgelöscht, Wohnviertel dem Erdboden gleichgemacht und lebenswichtige Infrastruktur zerstört. Diese menschengemachte humanitäre Katastrophe ist beispiellos. Seit einiger Zeit wird das Vorgehen der israelischen Regierung und Armee von verschiedenen Seiten als ein Genozid an den Palästinensern in Gaza bezeichnet. Amnesty International hat das Vorgehen Israels umfassend recherchiert und analysiert.

Das Ergebnis: es gibt hinreichende Beweise dafür, dass die israelischen Streitkräfte und Behörden dort einen Genozid an den Palästinensern begehen. Diese Bewertung wird von vielen Völkerrechtlern und Genozidforschern geteilt.

Alle Staaten sind durch die Völkermordkonvention verpflichtet, einen Genozid zu verhindern und zu bestrafen. Auch Europa ist in der Pflicht. Es braucht umgehend einen Waffenstillstand und einen Stopp von Waffenlieferungen. Außerdem ist es wichtig, die seit Jahrzehnten andauernde Straflosigkeit in Israel und Palästina zu beenden und die Verantwortlichen für Völkerrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Auf der Grundlage umfangreicher Dokumentationen und sorgfältiger Analysen hat Amnesty International festgestellt, dass Israel nach der Völkermordkonvention verbotene Handlungen begangen hat, und zwar in der Absicht, die Gruppe der Palästinenser im Gazastreifen zu zerstören. Der Genozid in Gaza muss gestoppt werden. Sofort!

Heute bedarf es keiner besonderen intellektuellen Anstrengung mehr, das völlige Versagen europäischer Außenpolitik seit 2022 und den daraus folgenden völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine, zu begreifen.
Mit der "Zeitenwende" wurden Elemente europäischer Außenpolitik abgetrieben, die Europa in den vergangenen Jahrzehnten zu einem geachteten und anerkannten Akteur in den internationalen Beziehungen gemacht hatten: Das Friedensgebot, das Eintreten für Dialog, Mäßigung und Verständigung und der Wille zur Herstellung gutnachbarlicher Beziehungen über alles Trennende hinweg. Heute regiert das alte Freund-Feind-Denken den europäischen Kontinent, dem die erneute militärische Spaltung nach der Auflösung der Sowjetunion den Boden bereitete. Das, was im Prozess der deutschen Einigung eine fast universell geteilte Hoffnung war, die Entwicklung eines "gemeinsamen Hauses Europa", ist gescheitert. Die Europäische Union wurde als Friedensprojekt gegründet. Heute ist sie ein Kriegsprojekt.

Statt den Kontinent zu einen, unterwarfen sich die EU dem amerikanischen Hegemonialanspruch, der als Verteidigung der sogenannten "regelbasierten Ordnung" ausgegeben wird. Mit der "Zeitenwende" ging die Übernahme einer militaristisch ausgerichteten Außenpolitik und einer konfrontativen Wirtschaftspolitik einher. Seitdem ist Europa ein Vasall der USA in deren Kampf, ihren weltpolitischen Abstieg als einzig verbliebene Supermacht aufzuhalten. Seitdem beraubte sich Europa einer eigenständigen Handlungsfähigkeit.

Europa war sowohl unfähig, in den frühen Verhandlungen um ein Ende im Ukrainekrieg im Frühling 2022 eine aktive vermittelnde Rolle zu spielen, als auch einer permanenten Kriegseskalation entgegenzutreten. Selbst aktuell, angesichts einer absehbaren militärischen Niederlage der Ukraine, marschiert Europa auf dem generellen Kriegskurs weiter mit. Es ist heute keineswegs sicher, ob Europa nicht doch in den direkten Krieg gegen Russland eintritt, so wie das die USA, Großbritannien und Frankreich schon getan haben, indem sie den ukrainischen Einsatz weitreichender westlicher Waffen gegen russisches Territorium nicht nur billigten, sondern praktisch die Verwendung dieser Waffen steuern und kontrollieren. Damit wurde längst mit einem Fuß die Schwelle zur direkten militärischen Konfrontation zwischen zwei Nuklearmächten überschritten. Die Ukraine ist die Stellvertreterkriegerin gegen Russland, und in dem Maße, wie sie schwächelt, werfen sich nun die Nato-Staaten in die Bresche, um das eigentliche Kriegsziel, die nachhaltige Schwächung Russlands, zu erreichen. Selbst der russische Test einer Hyperschallwaffe gegen die Ukraine hat die europäischen Nato-Mitglieder nicht aufgerüttelt. Nur die USA wurden informiert, dass diese Rakete konventionell bestückt sein würde. Aus Moskauer Sicht mag das folgerichtig sein, dass es reicht, lediglich den Herrn zu informieren und nicht auch die Knechte. Aus deutscher und EU-Sicht legt es die Bedeutungslosigkeit bloß, in die sich Europa selbst manövriert hat.

Die allermeisten europäischen Medien singen unisono das Lied vom russischen atomaren Bluff, so als wäre unser Kontinent, der womöglich als Erster nuklear verheert werden könnte, in einem Paralleluniversum angesiedelt, für den man keine politische Verantwortung trägt. Folglich kam aus Europa auch keine entschiedene Gegenwehr gegen den US- Beschluss, nunmehr Antipersonenminen an die Ukraine zu liefern, um den russischen Vormarsch im Donbass zu verlangsamen und opferreicher zu gestalten. Diese Waffen sind aus gutem Grund von der Mehrheit der Staatengemeinschaft geächtet. Auch die Ukraine hat die entsprechende Konvention ratifiziert. Aber nun stellt sich heraus, dass die ukrainische Regierung, die im April 2014 den Krieg in die Donbass-Gebiete trug, sich damals einen Freifahrtschein erteilte, gegebenenfalls in diesem Territorium auf solche Waffen zu setzen. Wo war und ist der europäische Protest?

Auch der Umgang mit dem Internationalen Strafgerichtshof, dessen Bildung die EU nachhaltig unterstützte, ist inzwischen von Doppelzüngigkeit geprägt. Der Haftbefehl für Putin wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen wurde für richtig befunden. Der Erlass von Haftbefehlen für den israelischen Regierungschef und den ehemaligen Verteidigungsminister Israels stand nicht auf der europäischen Agenda. Denn in der "regelbasierten Ordnung" gilt: Die Schurken sind immer die anderen. Verbündete begehen keine mutmaßlichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist gut und folgerichtig, dass Europa und vor allem Österreich und Deutschland aufgrund ihrer Geschichte eine historische Verpflichtung gegenüber dem jüdischen Volk, aber auch gegenüber allen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in unserem Land hat. Diese historische Verpflichtung wurde zur Leerformel, weil der Genozid des Holocaust nicht zu der Einsicht führte, dass alle Opfer eines mutmaßlichen Genozids unseres Schutzes bedürfen.

Es scheint, als wäre unsere politische Wahrnehmung taub und blind geworden gegenüber den absichtsvollen Ankündigungen israelischer Politiker für Untaten gegenüber palästinensischen Zivilisten. So versagte die Politik der gesamten EU. Und Nein, es ist kein Antisemitismus, wenn man israelische Politik den gleichen völkerrechtlichen Beurteilungsmaßstäben unterwirft, wie alle anderen Staaten auch. Das Völkerrecht kennt keine Ausnahmen. So wie es kein Anti-Amerikanismus ist, wenn man die gleichen Maßstäbe, mit der man die russische Aggression gegen die Ukraine verurteilt, an die Entscheidungen der USA und der von ihr geführten Nato anlegt. Als Beispiel unter vielen sei in diesem Zusammenhang der völkerrechtswidrige Überfall auf den Irak erwähnt. So werden Doppelzüngigkeit, Heuchelei und der Widerstand gegen unvermeidliche Veränderungen deutlich, die die heutigen Internationalen Staatenbeziehungen des Westens prägen. Im Ergebnis sitzen wir inzwischen auf zwei nuklearen Pulverfässern, einem in Europa, einem im Nahen und Mittleren Osten. Ein drittes Pulverfass ist im indopazifischen Raum im Werden.

Auf dem Weg dahin haben wir in den Augen vieler Staaten und Völker viel Glaubwürdigkeit verloren. Wer wird die Scherben aufkehren und versuchen, neues Vertrauen zu schaffen sowie dem Dialog um der Verständigung eine Chance zu geben? Kann man das von der europäischen Politik erwarten? Welche Parteien und Persönlichkeiten haben die Größe und den Mut auszubrechen und sich laut und deutlich gegen weitere Kriegseskalation zu stemmen, damit die Gefahr einer nuklearen Katastrophe gebannt werden kann? Es sind längst nicht mehr 90 Sekunden vor Weltuntergang, wie es die „Atomuhr“ der Atomwissenschaftler, einst von Einstein ins Leben gerufen, Anfang 2024 prognostizierte. Ohne die dezidierte Zusammenarbeit zwischen den USA, Russland, China und vielleicht auch Europa tickt die Uhr dem Ende der Zivilisation unaufhaltsam entgegen.

Der innenpolitische Preis für die veränderte, hochideologisierte und militarisierte Außenpolitik ist sehr hoch. Außenpolitisches Freund-Feind-Denken und eine hybride Kriegsführung verändern den Zustand auch in unserem Land. Die Gesellschaft wird gespaltener, hasserfüllter, schweigsamer. Gleichzeitig wachsen autoritäre Versuchungen, um möglichen Dissens zu unterdrücken Das ist eine Gefahr für die Demokratie, zu der Meinungsfreiheit als konstituierendes Element gehört. Meinungsfreiheit wird geschleift, wenn Politik und Medien mit Andersdenkenden verbal Schlitten fahren oder sich als Autoritäten einer absoluten Wahrheit gerieren. Dabei wird Denken zunehmend "betreut", statt den demokratischen Diskurs zu befördern. Das richtet mehr Schaden in unserem Land an, als eine längst überall vermutete russische, chinesische oder iranische hybride Kriegsführung je erreichen könnte. Das Zerstörungswerk findet abseits von Krieg, Putsch oder Regimechange- Operationen immer im Innern statt. Es verläuft nicht von unten nach oben, sondern kommt in Gang, wenn der demokratische Anspruch, dass alle Macht ("Staatsgewalt") vom Volk ausgeht, degeneriert. Das ist der Preis der gewählten neoliberalen Außenpolitik, die nicht in Wahlen bestimmt, sondern als Zeitenwende verkündet wird.

Führungsverantwortung und Verständigungsbereitschaft waren jedenfalls nicht dominant in den vergangenen Jahren, wohl aber die Delegitimierung von Diplomatie und eine offene Militarisierung, so als sei die "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" der alleinseligmachende Weg. Der einzige Weg aus diesem doppelten Dilemma heraus ist die Überwindung der Sprachlosigkeit und der Aufbruch zum langen und mühsamen Weg in Richtung Frieden, den die Mehrheit in unserem Land, glaubt man den Umfragen, längst einfordert.

Hans Haider, 18. Jänner 2025

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