2003-05-06
Mein Leben, meine Gefühle - Teil 6
So, jetzt wird es wärmer und wärmer. Man kann wieder vermehrt hinaus in die Natur gehen.
Ich persönlich mag den Frühling und den Sommer sehr gerne, weil ich mit meinem E-Rollstuhl
zu diesen Jahreszeiten fast überall hinfahren kann (solange es die Batterie zulässt).
Vor zwei Tagen versuchte ich ob ich mit meinem E-Rollstuhl, völlig selbstständig mit der
U-Bahn fahren kann. Zuerst hatte ich ein mulmiges Gefühl, wie ich in Richtung Rochusgasse
(U-Bahn Station) fuhr. Aber nach einigen Überlegungen habe ich mir gedacht: "Matthias, du
hast in deinem Leben schon soviel geschafft, dass du jetzt auch probieren kannst, alleine
mit der U-Bahn zu fahren." Fest entschlossen fuhr ich zur U-Bahn und wollte den nächsten
Schritt in Sachen Selbstständigkeit machen.
Zur Erklärung: Ich bin mit fünf Freunden fortgegangen, aber von denen hat niemand gewusst,
dass ich mit meinem E-Rollstuhl noch nie U-Bahn gefahren bin.
Bevor meine Freunde und ich mit der U-Bahn fahren konnten, mussten wir uns Karten kaufen
und dann zwicken. Da war ich froh jemanden mitzuhaben, der mir die Karte aus dem Automaten
drückt und anschließend entwertet, weil das Drücken des Automaten und das Zwicken schaffe
ich leider nicht alleine. Jedoch bei meinem nächsten Ausflug, den ich alleine machen werde,
würde ich einen Passanten bitten, mir zu helfen.
Jetzt wurde es von Minute zu Minute spannender. Meine Freunde und ich begaben uns in den
Untergrund Wiens.
Als wir am U-Bahnsteig angekommen waren, fühlte ich richtig, wie es in mir kribbelte.
Nach ungefähr vier Minuten fuhr der Zug ein. Wir mussten uns beeilen, weil die U-Bahn
sonst ohne uns weg fahren würde. Also schaltete ich auf meinen schnellsten Gang des
E-Rollstuhls, um die kleine Barriere zwischen Bahnsteig und U-Bahn zu bewältigen. Als ich
in der U-Bahn war freute ich mich sehr, dass das U-Bahn fahren mit meinem E-Rollstuhl geht.
Meine Freunde wunderten sich, warum ich so jubelte. Sie wussten nämlich nicht, dass ich
das erste Mal mit dem E-Rollstuhl in eine U-Bahn gestiegen bin. Sie gratulierten mir und
gleichzeitig sagten sie mir, dass es schon ein bisserl gefährlich aussah, wie ich den
Einstieg bewältigte.
In Großen und Ganzen war ich sehr glücklich darüber, weil ich somit den nächsten Schritt
zur Selbstständigkeit gemacht habe. Denn dadurch, dass ich jetzt mit der U-Bahn alleine
fahren kann, kann ich mich mit Freunden und Leuten in der Stadt verabreden und sie müssen
mich nicht vom Heim abholen.
Ein großes Dankeschön an Beate, Babsi, Priska und Edi für den wunderschönen Spaziergang
im Herzen der Bundeshauptstadt.
Und noch etwas: MOBILITÄT ist für Behinderte sehr wichtig.