2013-06-25
NICHTS ALS DIE WAHRHEIT
Exposé
In einer neuen Satirensammlung präsentiert der Autor Figuren, die mit zumeist untauglichen Mitteln um Wahrheiten ringen, deren Opfer sie werden. (vgl. Camus, Der Mythos von Sisyphos).
Die Titelgeschichte berichtet von einem biochemischen Terroranschlag auf Österreich. Unter dem Einfluss eines Wahrheitsserums ist die Bevölkerung plötzlich weder der Lüge, noch lügenhaften Verhaltens mächtig. Der Bundespräsident löst Regierung, Parlament und Bundesheer wegen Verlogenheit, Unfähigkeit und Lächerlichkeit auf, während er von einer Radiojournalistin als Staatsoberlangweiler bezeichnet wird. Ein Arzt schickt seine Patienten nach Hause, weil ihm „diese ganzen Schießbudenfiguren mit ihren eingebildeten Krankheiten zuwider sind“. Zudem wird geplündert, vergewaltigt und gemordet. In der Hauptsache waren jedoch Mord, Totschlag, Raub und Vergewaltigung nicht (wie so oft) im Namen von Patriotismus, Religion oder politischer Ideologie begangen worden, sondern aus persönlichen Motiven wie Gier, Ehrgeiz, Neid, Frustration, Sadismus und Geilheit… Zum Glück war nur Österreich betroffen, quasi unter dem Motto, dieses Land sei eine kleine, verlogene Welt, in der die große ihre Probe hält. Nach einem entschlossenen Eingreifen der internationalen Staatengemeinschaft kommt alles wieder ins Lot, die Leute lügen wie ehedem, und das ist auch gut so. („Nichts als die Wahrheit“).
In Die Bruderschaft vom Berge wird eine Religion erfunden und eine Glaubensgemeinschaft für Auserwählte gegründet, die künftige Generationen in mythisch-kultischer Form vor den zahllosen unterirdischen Atommülldeponien warnen soll. Zu diesem Behuf wird auch eine neue Sprache – das „Fratmons“ entwickelt und vorgestellt. So viele unbewusst entstandene Mythen haben überlebt, um wie viel lebensfähiger müssen erst sorgfältigst konstruierte Mythen sein?
Eine völlig neue Sprache entsteht auch im Verlauf einer weiteren deutschen Rechtschreibreform, bei der – wie neulich von deutschen Linguisten allen Ernstes vorgeschlagen – alle starken Verben und das Hilfszeitwort „sein“ abgeschafft, die Anzahl der Tempora und Adverbien halbiert und die Orthographie drastisch vereinfacht werden. Was dabei entsteht, ist schlichtweg unverständlich („Die Rechtschreibreform“)
Die abschließende Erzählung „Abendrot“ stellt innovative Bestattungsprodukte vor: Flug-, Donau-, Berg- Baum-, Internet- und Eventbeisetzung zum Beispiel.
Der Erzählduktus von NICHTS ALS DIE WAHRHEIT ist satirisch und witzig, jedoch einmal mehr von jener Art, bei der einem letztlich das Lachen vergeht.