2012-12-23
TEXTE AUS DEM EXIL
Die Juden
Herman Hakel
In ihren Zimmern, mutlos eingekerkert,
gebeugten Hauptes über den Atlanten,
so suchen nun die Juden, die Verbannten,
da in den Straßen gell der Mob berserkert,
Und ihre Finger kreuzen über Meeren
und tun, als ob sie schon gerettet wären,
und tun, als ob sie sie schon immer kennten.
Und Heimat ist der Boden unter Füßen,
das Land, in dem sie wieder leben dürfen.
Den Kopf voll Fragen und Entwürfen,
ist jede Stadt ein Name, den sie grüßen.
Sie wollen Arbeit und sie wollen Frieden
und Haß und Dummheit helfen sie vertreiben.
wie ekler Aussatz und wie Pest gemieden.
Nun suchen sie ein neues Land der Leiden.
Kein Zion und kein Tempel wartet der Verbannten.
Sie weinen über schäbigen Atlanten…
Versiegt die Wasser - harfenlos die Weiden…
Herman Hakel, Lyriker, Erzähler, Redakteur, Herausgeber und Übersetzer. Geboren 1911 in Wien. Seit 1934 freier Schriftsteller. 1939 Emigration nach Italien. 1948 – 1951 Vorstandsmitglied des österreichischen P.E.N. Dozent an Wiener und Münchner Volkshochschulen. Kulturredakteur verschiedener Zeitungen und Zeitschriften. Herausgeber zahlreicher Anthologien und Sammlungen sowie der Literaturzeitschrift Lynkeus. Er verstarb 1987 in Wien
Zuletzt im Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft erschienen: Jiddische Gedichte des 20. Jahrhunderts übertragen von Herman Hakel. Hg. V. Armin Eidherr. Wien: Theodor Kramer Gesellschaft 2001. ISBN-10 3-901602-06-2. ISBN-13 978-3-901602-06-1.