2012-12-18
TEXTE AUS DEM EXIL
Dieser Wind der fremden Kontinente
Guido Zernatto
Dieser Wind der fremden Kontinente
Bläst mir noch die Seele aus dem Leib.
Nicht das Eis lähmt mir das frostgewohnte
Und die Schwüle nicht das lang entthronte
Herz, das leer ist wie ein ausgeweintes Weib.
Dieser Wind der fremden Kontinente
Hat den Atem einer andern Zeit.
Andre Menschen, einer andern Welt geboren,
Mag's erfrischen. Ich bin hier verloren
Wie ein Waldtier, das in Winternächten schreit.
Guido Zernatto geb. am 21. Juni 1903 in Treffen bei Villach, gest. am 8. Februar 1943 in New York
Lyriker und Politiker.
Guido Zernatto - Sohn eines Landwirtes in Treffen - besuchte das Benediktinergymnasium in Sankt Paul im Lavanttal. Ab 1926 studierte er mehrere Semester Rechtswissenschaften an der Universität Wien und war daneben journalistisch tätig. 1928 trat er dem Steirischen Heimatschutz bei und wurde im Jahr 1929 Sekretär der Bundesführung der Heimwehren, dann von 1930 bis 1931 des Heimatblockes. Im Jahr 1934 wurde Guido Zernatto zum Bundeskulturrat ernannt, dem folgte ab Mai die Position des Staatssekretärs im Bundeskanzleramt und Generalsekretär der Vaterländischen Front.
In den Jahren 1936 bis 1938 führte er Verhandlungen mit den Nationalsozialisten. Ab dem Februar 1938 war er parteiloser Bundesminister, musste jedoch im gleichen Jahr noch vor den Nationalsozialisten nach Frankreich fliehen. Im Jahr 1940 kam er in die USA, wo er ab 1941 eine Assistenzprofessur für Politikwissenschaft an der Fordham University innehatte. Zernatto litt besonders unter seinem Emigrantenschicksal.