dw, 2012-06-10, Nr. 5641
eigentlich sind sie überall
HP RAM, 2012-06-10, Nr. 5642
Guter Vergleich mit Nietzsche!
dw, 2012-06-11, Nr. 5644
lieber stephan
dein text hat in mir gegärt, also,…. ich wurde kürzlich mit dem taufritus konfrontiert, also der sogenannte ANFANG wo dein text endet.
da möchte ich nicht lange ausführen, wissen wir(fast) alle, die kirche ist und war eine hochmanipulative einrichtung und heute laufen die leute davon, weil sie einen neuen totem gefunden haben, die welt der waren, die abstrakten börsengewinne werden angebetet usw.
die kirchen bleiben leer, die schäflein ziehen davon. wir, eine gesellschaft, tief geprägt vom christentum, fühlen uns von der kirche und ihren richtlinien getrogen, es hat sich herausgestellt, dieses überirdische gibt es nicht, viele irren in kaufhäusern umher, um schreine und altäre zu hause aufzubauen und umzubauen, viele werden einsame spinner, die keiner ernst nimmt, viele organisieren sich in neuartigen glaubensgruppierungen, sie werden vielleicht veganer, oder wechseln zum islam, ihre kinder werden im sinne von steiner oder pikler erzogen, oder ganz einfach verzogen.
die idee jesus christus war somit umsonst, ja, wer weiß, vielleicht hat es jesus gar nicht gegeben?
wenn die kirche fällt, dann fällt das abendland und es stimmt mich traurig. ein so alter bund begeht natürlich auch fehler, ich empfinde ihr festhalten an sich aber als stark.
der mensch braucht rituale!
rVk, 2012-06-12, Nr. 5647
Hallo dw,
ich möchte Deinen Beitrag überhaupt nicht bewerten oder kritisieren, da man Deinen Standpunkt als solchen einfach akzeptieren und so stehen lassen kann. Aber ein Nebensatz stört und verstört mich, weil er zur Mythenbildung beiträgt, wie der Abwehrkampf zum 10. Oktober.
Du schreibst: Zitat: wir, eine gesellschaft, tief geprägt vom christentum,.... Zitat Ende
Hiezu folgender Gedanke:
Europa war und ist NICHT geprägt vom Christentum. Europas sogenannte christliche Wurzeln sind ein Mythos und ein Wiederspruch in sich. Warum können wir nicht endlich damit aufhören das Christentum und die katholische Kirche gleichzusetzen?
Als dem Christentum zugehörig sind Menschen, die sich in der Nachfolge Jesu Christi sehen und diese Nachfolge auch leben. Das kommt im Europa der letzten 2 Jahrtausende praktisch nicht vor. Zumindest nicht in einer Anzahl die gesellschaftliche Relevanz erreicht. Ansonsten wäre die Durchsetzung eines Kapitalismus´, wie wir ihn heute in Europa kennen, nicht denkbar.
Die katholische Kirche dagegen war und ist eine tendenziell mafiöse Vereinigung, die den Namen des Herrn systematisch missbraucht, um zu ihrem eigenen und ihrer Mitglieder Vorteil, dem kapitalistischen System zu dienen, es zu fördern und es für sich zu instrumentalisieren. Die protestantischen Kirchen Europas sind dabei übrigens nicht auszunehmen. Im Gegenteil.
Alle sogenannten christlichen Kirchen Europas sind Teil des babylonischen Systems, zu dessen Durchsetzung sie massgeblich beigetragen haben und haben mit dem Christentum, so komisch das klingen mag, nix zu tun. Der Fels, auf den Petrus angeblich seine Kirche gebaut hat, und aus dem ganz Europa seit jeher seine moralische Existenzberechtigung ableitet, ist bei genauerer Betrachtung ein gigantischer, schwabbeliger Leichenhaufen.
RASTA
Gott ist groß
Als P.S. der Refrain von Bob Marley´s "Babylon System":
Hurchts zua!!!
Babylon system is the vampire, yea!
Suckin' the children day by day, yeah!
Me say: de Babylon system is the vampire, falling empire,
Suckin' the blood of the sufferers, yea-ea-ea-ea-e-ah!
Building church and university, wo-o-ooh, yeah! -
Deceiving the people continually, yea-ea!
Me say them graduatin' thieves and murderers;
Look out now: they suckin' the blood of the sufferers.
Yea-ea-ea!
Tell the children the truth;
Tell the children the truth;
Tell the children the truth right now!
Come on and tell the children the truth;
Tell the children the truth;
Tell the children the truth;
Tell the children the truth;
Come on and tell the children the truth.
dw, 2012-06-13, Nr. 5648
Wer vollkommen sein will unter Euch, verlasse alles, und was er hat, gebe er den Armen, dann komme er und folge mir nach.
Franziskus von Assisi
Lieber rvk.
natürlich hat eine institution wie die römisch katholische kirche fehler begangen, oder fehlentscheidungen getroffen, ich finde es nicht bedrohlich, dass die kirche vielleicht der geschäftspartner des kapitalismus ist.
ein leichenhaufen (für mich symbolisieren diese worte gedanken), wie du ihn siehst, so was macht mir auch keine angst, weil der schwabbelige leichenhaufen wird zu erde und aus erde erwächst neues leben. ich fürchte mich auch nicht vor der „hure babylon“. jeder einzelne nimmt seine momentane wirklichkeit ja so was von wirklich wichtig, die zeit macht aus dem einzelnen individiuum aber ein ganzes…damit relativiert es sich. irgendwann ist alles geschichte…
tja, und im moment unterhalten wir uns halt über bob marley, der singt von der ewigen knechtschaft, die armen schwarzen, ich muss dir gestehen, auch die sind korrupt und käuflich und bob marley war auch kein heiliger. jeder ist käuflich. und schau dir afrika an, mit deren korrupten machtsystemen braucht sich keiner wundern, das die es nicht schaffen aus der abhängigkeit der sogenannten „westlichen länder“ zu gelangen. ein beispiel: da gibt es den elektroschrott, der wird von uns in diese länder geschifft, dann ärgern sich alle darüber, ja wie kann der böse westen nur das alte glumpert dort hin schicken. also: ich frag mich da schon, gibt es dort eine regierung? die nein sagt?
grenzen zu für elektroschrott, dann können die „westler“ schauen was sie damit machen, oder?
das einzige argument was zählt, ist deren teilweise unfruchtbares land. da schließt sich der kreis, die errungenschaften des westens helfen, um dort wieder land fruchtbar zu machen (bewässerungssysteme usw)
versöhne dich mit deinem größten feind!
mimenda, 2012-06-14, Nr. 5649
Welchen Sinn soll es eigentlich haben, Institutionen wie die Kirche als eine ominöse losgelöste Macht hinzustellen, die sie nicht ist und sie damit gleichsam verschwörungstheoretisch zu überhöhen, statt sie als eine der ideologischen und von Menschen geschaffenen Fundamente anzuerkennen, auf welchen das Schlechte wie auch das Gute gewachsen ist, das wir heute haben.
Man kann natürlich sagen: es gibt nichts Gutes im Schlechten. Aber das wäre ein wenig zu kurz gedacht. Die Idee der Gleichheit aller Menschen hat ihren Kern in der Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Die Idee der psychischen Heilung fußt auf Vergebung, die der Kirchengott gewährte und der Mensch sich nun selbst gewähren muss, und auf Buße, die das Insichgehen, die Selbstkritik zur Bedingung hat: eine wundervolle Dialektik, die in der Lehre von der Trinität ihren Ausdruck findet. Es ist alles in ihr "aufgehoben": es wird bewahrt, vernichtet und erhöht.
Wer sich da mit Fingerzeigen auf eine verderbte Institution sein Mütchen kühlen will, der stimmt - am historischen Stammtisch sitzend - ein in das törichte Gerede von jenen da oben, die nur ein Ziel hätten: uns hienieden abzuzocken. Während der einzelne Nörgler, der partout Nörgler bleiben will, sich als Gotteskind stilisiert, nimmt die Institution gleichsam die Stelle Satans ein: mystisches Denken bricht sich Bahn. Aufklärung ist da nirgends und bei einem solchen Ansatz auch nicht zu erwarten. Der Mensch versucht damit erst gar nicht, aus seiner verschuldeten Unmündigkeit auszugehen, sondern er sanktioniert sie, indem er die Verantwortung wegschiebt. Womit ich keinersfalls sagen will, dass alles vom Indidviduum abhinge und die Kritik der Institutionen falsch sei. Letztere läuft ohne die Selbstkritik und die auf sie folgende "Umkehr" jedoch notwendig ins Leere.
Das Abendland wäre nicht das Abendland gewesen, wenn es kein Morgenland gegeben hätte. Die Ideen und Gedanken der arabischen Welt sind tief mit "unseren" verschränkt, die moderene Medizin stammt wesentlich von dort, die Philosophie von Aristoteles wurde erst durch das Morgenland bei "uns" bekannt und auch das Christentum ist eine im Wesentlichen morgenländische Religion, woran "die römische Großsekte" (Küng), alias Katholische Kirche, nicht besonders gerne erinnert zu werden scheint. Und die Grenzen zwischen Morgen- und Abendland waren keinesfalls so undurchlässig, wie es gern dagestellt wird (siehe Spanien). Der Islam selbst gilt sogar (seit Luxenberg, s. taz.de) einigen bloß als verderbte Lesart des Christentums.
Gehört nun das alles zu uns? Mit Sicherheit! Und das gilt auch für jene Dumpfbacken, die eine Verantwortung für das Überkommene ablehnen, weil sie ja selbst nichts dazugetan haben - ohne freilich auf den Nationalstolz verzichten zu können, der sich ja vor allem aus der Tradition speist.
Die Ausdifferenzierung in den Protestantismus, ohne Luther und Konsorten nun die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen (sie waren ja nur Sachwalter einer letztlich ökonomischen Entwicklung, dem der Geist hinterherhinkt), hat die Spaltung markiert, die den Glauben über das Werk gestellt hat und damit die oktroyierte und widerstrebende Demut in "erlösende" Hybris verwandelte.
Erst diese als Befreiung anhebende Attitüde trieb das Abendland zur Affirmation des Bestehenden, zur totalen Progession in die Anbetung des Eigenen und damit von der Dialektik der Trinität ins bunte Einerlei des Monokultus. Geld und Gott sind seither synonym, wobei kaum die Frage sein kann, ob das Geld den Gott geschaffen hat oder dieser jenes, denn der Autor dieser beiden heruntergeholten Ideen war der Mensch.
Der Institutionalisierung einer Gemeinschaft, die sich denselben Ideen verschreibt, waltet der Gedanke der gegenseitigen Befruchtung inne, welche zu besseren "Glaubensleistungen" führen soll und zu besserem Sein. Das Problem ist wie immer dasselbe: wie machen wir einen neuen Menschen auf der Grundlage des alten? Über die Bedingung der Möglichkeit, in Institutionen jene zur Macht gelangen zu lassen, die sie am ehesten zum Wohle aller verwenden würden, sollten wir jedenfalls lieber intensiv nachdenken statt unsere Kraft durch sinnloses Institutions-Bashing zu verschwenden.