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2012-01-02 Übergang zu neoliberaler Wirtschaftsdiktatur Die EU-Staats und Regierungschefs haben sich beim EU-Gipfel am 9. Dezember auf den Übergang zu einer Art neoliberaler Wirtschaftsdiktatur verständigt. Den gewählten Parlamenten soll faktisch die Budgethoheit genommen werden. Über EU-Kommission und EUGH soll eine strikt neoliberale Sparpolitik oktroyiert werden. . Schuldenbremse
Auch unser Herr Bundespräsident tritt, natürlich ganz staatsmännisch „ausgewogen“, für eine „Schuldenbremse“ im Verfassungsrang ein. So in seiner Neujahrsansprache. Seine „Ausgewogenheit“ indes ist bloßer Schein: Wenn ich per Verfassung eine Reduktion des Defizits festlege, aber nicht gleichzeitig eine „Reichtumsbremse“ (etwa in Form von Vermögenssteuern) ebenfalls im Verfassungsrang festlege, dann sind die Weichen zu einem ausschließlich ausgabenseitigen Sparen gelegt. Für eine einnahmenseitige Sanierung der Budgets müsste man ja aktiv werden. Und da brauchen diverse Parteien (z.B. ÖVP) nur die Hände in den Schoß legen, einfach nichts tun. Schnapp macht die Falle: Das Defizit MUSS verringert werden, und was übrig bleibt, ist nur mehr das Streichen bei den Ausgaben. Die EU-Staats und Regierungschefs haben sich beim EU-Gipfel am 9. Dezember auf den Übergang zu einer Art neoliberaler Wirtschaftsdiktatur verständigt. Im Laufe der Zeit sind immer mehr Wirtschaftsbereiche in der EU zur demokratiefreien Zone erklärt worden: Handel und Kapitalverkehr wurden dem Dogma von Freihandel und Kapitalverkehrsfreiheit – im Verfassungsrang – untergeordnet, die Geldpolitik einem strikt monetaristischem Regime der EZB (also den Interessen der großen Vermögensbesitzer). Nun soll auch die Fiskalpolitik (die öffentlichen Budgets) den gewählten Parlamenten entzogen und einem neoliberalen Sparkurs untergeordnet werden, der über EU-Kommission und EUGH überwacht und exekutiert wird. Brutaler Wirtschaftskrieg in der EU Die deutschen Machteliten haben EU-Binnenmarkt und Währungsunion zu einem brutalen Wirtschaftskrieg gegen die „EU-Partner“ genutzt und dabei insbesondere die europäische Peripherie in den wirtschaftlichen Abgrund getrieben. Die Stillhaltepolitik der Gewerkschaftsführungen hat ihnen diese Aufgabe erleichtert, indem Teile der Arbeitnehmer/innen über starke Lohnzurückhaltung an die Interessen der Exportindustrie angebunden wurden. Nirgendwo in der EU ist die Lohnquote so stark gefallen wie in Deutschland (gefolgt von Österreich). Was in der Öffentlichkeit als die „Erpressung“ anonymer Finanzmärkte, schurkischer Spekulanten und amerikanischer Ratingagenturen bejammert wird, ist tatsächlich über die neoliberalen EU-Verträge erst ermöglicht worden: Dadurch wurde das Regime des ungehemmten Kapitalverkehrs und Freihandels festgezurrt, das zum Zurückfallen der öffentlichen und privaten Nachfrage geführt und damit die große Wirtschaftskrise seit 2008 maßgeblich mitverursacht hat; dadurch wurde es den Notenbanken verboten, den Staaten zins- und tilgungsfreie Kredite zu geben, sodass sie gezwungen waren und sind, sich teuer auf den internationalen Finanzmärkten zu refinanzieren. Nach dem Sieg der deutschen Exportindustrie in diesem Wirtschaftskrieg wird nun von den Berliner Machteliten die politische Ernte eingefahren und eine offene Wirtschaftsdiktatur[1] unter deutscher Führung und nach deutschen Vorgaben einzementiert. Bereits im Frühsommer 2011 wurde auf EU-Ebene beschlossen:
Parlamenten wird das Budgetrecht genommen Am 9. Dezember haben sich die EU-Staatschefs beim EU-Sondergipfel auf den nächsten Schlag gegen Demokratie und Sozialstaat geeinigt: Der direkte Durchgriff für EU-Kommission und EUGH auf die nationalen Haushalte bzw. die Entmachtung der nationalen Parlamente. Diesen wird nun oktroyiert, nach deutschem „Vorbild“ sog. „Schuldenbremsen“ in Verfassungsrang zu installieren. Die Staaten müssen bereits im Vorhinein ihre Budgets der EU-Kommission vorlegen. Falls sie den Forderungen der EU-Kommission nicht nachkommen, laufen sie Gefahr, rasch einem drakonischem Defizit- bzw. Sanktionsverfahren unterworfen zu werden, das – nach dem Muster Griechenlands – in der weitgehend Entmündigung dieser Länder resultiert, die sich schließlich auf die gesamte Politik des Landes erstreckt. Notstandsregime und „sanfte“ Staatsstreiche wie in Griechenland und Italien droht damit einer ganzen Reihe weiterer Staaten. Das beinhaltet Möglichkeiten zu direkter politischer Einflussnahme weit über die wirtschaftspolitische Kerndimension hinaus, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung die Ergebnisse in Brüssel kommentiert: „Geld ist – neben und mit dem Recht – das Hauptgestaltungsmittel der Politik. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass eine 'Fiskalunion' auf Haushaltsfragen begrenzt bleibt.“ (FAZ, 10.12.2011) Am deutschen Wesen... Der Zweck dieser Wirtschaftsdiktatur hat nichts mit der Bekämpfung der Krise oder der Sanierung der Staatsfinanzen zu tun. Gerade Griechenland zeigt, dass dieser Austeritätskurs noch weiter in die Krise hineinführt, Arbeitslosigkeit, Armut und Staatsverschuldung sind dadurch rasant angestiegen. All diese sozialen Verwerfungen werden billigend in Kauf genommen, da es - aus der Sicht der Machteliten – um etwas viel größeres, ja vielleicht das größte überhaupt geht: Kampf um den Weltmarkt, um die Weltwährungsmacht, letztlich um eine neue globale Hegemonialordnung mit Deutsch-EU als Führungszentrum. Um das zu erreichen,
Kurz gesagt: Am deutschen (Export-)Wesen soll Europa genesen. Jeder weiß, dass sich nicht alle über Exportüberschüsse sanieren können, denn die Exportüberschüsse des einen sind die Importüberschüsse des anderen. So wie Deutschland durch permanente Exportüberschüsse die anderen europäischen Staaten nun zur politischen Unterwerfung zwingt, will man das offensichtlich auf erweiterter Stufenleiter im Weltmaßstab versuchen. Das ist kein Programm zur Überwindung der Krise, sondern ihrer Ausweitung zum Weltwirtschaftskrieg. Es ist kein Zufall, dass der wachsende autoritäre Zugriff nach innen Hand in Hand geht mit der zunehmend aggressiveren Außenorientierung von EU-Kommission bzw. der großen EU-Staaten, z.B. bei den WTO-Verhandlungen um neue Freihandelsverträge, bei der Rekolonialisierung Afrikas und des Nahes Ostens, beim Rüstungsexport, dem Aufbau neuer Interventionstruppen, usw. Norbert Bauer, Vorsitzender der Solidar-Werkstatt: „Das neue EU-Paket zur Implementierung einer Art neoliberaler Wirtschaftsdiktatur soll über einen eigenen Vertrag der Euro-plus-Staaten durchgesetzt werden, der bei einem EU-Gipfel im März auf der Tagesordnung steht. Ob unser Kampf dagegen erfolgreich ist, wird von größter Bedeutung sein: für die Entwicklung hierzulande und weit darüber hinaus. Wir freuen uns über alle, die gemeinsam mit uns Widerstand gegen diesen Großangriff auf Demokratie und Sozialstaat leisten wollen.“ Übernommen von www.werkstatt.or.at Aktiv werden, unterzeichen und damit ein Zeichen setzen: . Empfehlung . . Anmerkungen [1] Genaugenommen müsste man von einer wirtschafts-POLITISCHEN Diktatur reden. Denn das Eingreifen des bürgerlichen Staates bezieht sich in der Regel nur auf äußere Lenkungsmechanismen. Die Wirtschaft selbst ist im Kapitalismus nicht demokratisch, sie unterliegt ja den blinden - konkurrenzvermittelten -Gesetzmäßigkeiten der Kapitalverwertung: Aus Kapital muss mehr Kapital werden. Insofern haben wir es im Kapitalismus immer schon mit einer ,Diktatur' zu tun. ... zurück zum Text
Hermann Dworczak, 2012-01-04, Nr. 5450 Ein gräßliches Schauspiel an Servilität gegenüber den ökonomischen Interessen des Kapitals bietet die österreichische Bundesregierung mit dem Sozialdemokraten Faymann an der Spitze. Da werden die Brüsseler Beschlüse gefeiert, nur mehr argumentiert, daß es darum geht "wieder das Vertrauen der Finanzmärkte" zu gewinnen. Am "Warenschleier" (Marx) wird gewoben und dem Geld-Fetisch gehuldigt, so als wüßte man nicht, daß hinter den verdinglichten ökonomischen Erscheinungen gesellschaftlichen Vehältnisse, konkret Klassen mit ihren spezifischen Interessen und Institutionen stünden.
Hermann Dworczak, 2012-01-04, Nr. 5453 Der LINKE RATSCHLAG findet Samstag, den 14. Jänner von 11:00 -17:00 Uhr im Bildungszentrum der AK, 1040 Wien, Theresianumg. 16-18, Seminarraum 13 statt. |
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