2003-04-16
Machtbarkeit
Es gibt eine besondere Art der zoologischen Unterordnung Mensch, gerne mit sapiens
bezeichnet, was auf denken hinweist. Das sagt nicht viel. Denken und Vernunft stimmen
selten überein. Wie auch sagen und handeln, versprechen und halten, wie scheinen und sein,
beteuern und täuschen. Fast schon zeichnet sich damit ein Berufsbild ab.
Eines Berufes, den man nicht erlernen muß. Ein wenig mickrige Rhetorik, etwas
Sprunghaftigkeit und fehlendes Erinnerungsvermögen genügt. Zur Perfektion eventuell ein
Abendkurs in treuherziger Mimik, souveräner Gestik und herzlichwarmen Händeschütteln.
Psychologisch könnte man den Großteil dieser Berufenen als Möchtegerne einordnen, von
denen man nie weiß, was sie möchten. Sie bedienen sich nämlich einer gewissen Mimikry,
so nennt man die Anpassung von Tier und Pflanze an die Umgebung. Demnach wirken sie lieb,
gescheit, selbstlos, mitfühlend, tatkräftig, überzeugend, unentbehrlich, fesch natürlich,
und volksnah für den Bettler genauso wie für globale Manager. In der Mimikry verstehen sie
alles, können sie alles, versetzen sie Berge und lassen Kamele durchs Nadelöhr galoppieren.
Locker mit links oder mit rechts.
In diesem Beruf beginnt man ganz klein und füttert mit einem alten Mutterl im Beserlpark
die Tauben, die man womöglich als Stadtrat vergiften läßt. In diesem Beruf ist man für das,
wogegen man am Wochenende mit dem Wählervolk demonstriert.
Wähler ist das magische Wort, um welches sich unentwegt ihr Sinnen und Trachten dreht.
Wähler nennt man jene Menschenart, die unentwegt rund um den Erdball ständig belogen,
betrogen und als das verkauft wird, was sie eigentlich ist: Dumm, vergeßlich, instinktlos
und unendlich manipulierbar.
Dies ist der Grund, weshalb aus Taubenfütterern Kanonfütterer werden. Dies ist der Grund,
weshalb Hungernde, Hoffende, Gläubige, Hilflose, Arme, ganze Völker mit Raketen und Bomben
in ein besseres Jenseits befreit werden.
Dies allein ist nicht der Grund. Denn das Ziel der Berufenen ist Macht. Die Möchtegern
wollen mächtig sein. Die Übelsten unter ihnen erreichen es. Macht über Leben und Tod jedes
Menschen. Egal wo, wann, und wie. Und wenn die Mächtigen siegen, jubelt ihnen die Welt zu.
Wenige denken, daß Sieg keine Rechtfertigung für Gewalt ist. Mord bleibt Mord, auch wenn
der Massenmörder bejubelt wird.