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2011-12-11 Ein Meister aus Kärnten Werner Kofler, 1947 - 2011
"Er pfeift seine Juden hervor "Der Tod, müssen Sie wissen, ist kein Meister aus Deutschland. Selbst der Schein trügt in dieser Sache. Die Unschuldsvermutung kann im Anlassfall nicht aufrecht erhalten werden. Denn Geschichte entsteht durch Schichtung. Schicht um Schicht türmt sich auf das was war, verschleiert, verhüllt und verschüttet es solange, bis uns die letzten dieser Geschichten als sogenannte Wirklichkeit entgegentreten. Sie, müssen Sie wissen, sind der eigentliche Skandal", hat Werner Kofler (so) nie geschrieben. Denn Werner Kofler, müssen Sie wissen, war ein Meister. Nach eigenen Angaben ein Meister der üblen Nachrede. Nach Zeugenaussagen ein Meister der erschöpfenden Recherche. In jedem Fall aber war er ein Meister. Und zwar einer, der vom Himmel gefallen war. Ein Engel, gewissermaßen. Unverzeihlich! Noch nie ist ein Meister vom Himmel gefallen. Und doch: vom ersten Satz seines Gesamtwerkes an ist die Meisterschaft bereits vorhanden, muss sie sich an keiner Stelle erst entwickeln oder sich gar irgendwo erst unter Beweis stellen. Werner Kofler, müssen Sie wissen, hat Weltliteratur so geschrieben wie man bei uns in Kärnten Karten spielt: "Was liegt, das pickt!" Persönlich habe ich Werner Kofler erst 2005 im Zuge seiner Lesung bei kärnöl im Cafe Platzl am Villacher Freihausplatz kennengelernt. Das war also zu einer Zeit, in der man ein anderes Café - ein Tanzcafé - schon wieder geschlossen hatte, nachdem es - ganz kurz nur - und auch nur auf einem Nebenschauplatz des Klagenfurter Theaters geöffnet war. Man sprach dort von zwei Millionen Juden. Von zwei Millionen - ermordet in Chelmno, Belzec, Sobibor, in Treblinka und in Majdanek/Lublin - unter der Leitung von Odilo Globocnik - unter der Adjutanz von Ernst Lerch - unter furchtbaren Qualen. Die Merci, Cherie! All das verdichtete (sic!) Werner Kofler in meinem Kopf unweit jener Stelle hinter'm Lambichl, an der ein Tunnel durch die unverrückbare Karawankengrenze getrieben worden war von Häftlingen des KZ Mauthausen, oben am Loibl - unter der ärztlichen Leitung des Sigbert Ramsauer vom Klagenfurter Domplatz. All das in unserem Land. Im Land des Lächelns, das gnadenlos alle Königinnen der Nacht ausgerottet hat. Für uns alle gilt die Unschuldsvermutung schon lange nicht mehr. Denn: "Wann immer eine meiner Geschichten in Kärnten beginnt", hat Werner Kofler zu mir damals im Café Platzl gesagt, " endet sie unweigerlich in Lublin." "Wo denn auch sonst?", hätte ich ihm noch so gerne geantwortet. Der Tod Werner Koflers ist ein Skandal.
"Wer denn auch sonst?" könnte so einen Nachruf herausschrei(b)en.
Als Reaktion auf den Beitrag habe ich von unbekannt folgenden interessanen Link erhalten:
lord byron, 2011-12-12, Nr. 5440 ja.
Dass es sich bei der Todesfuge von Paul Celan um ein erbärmliches Plagiat handelt, die immerhin rhythmisch progressive Weiterverwurstung von Motiven eines deutsch-jüdischen Kollegen aus Ancels Heimat, scheint nur das lange bestrittene Wort von Adorno, dass man nach Auschwitz keine Gedichte mehr schreiben könne, zu bestätigen. Hier eher Hände weg. Die von Kofler beschriebenen Höllen, etwa diejenige von Ida H. in der gigantischen Wiener Steinhof-Klinik, sind schlimm genug. Kofler hat im Gegensatz zum Wiederholungstäter Ancel nicht abgeschrieben, er war einer der bedeutendsten Poeten Österreichs, unbeschadet politischer Irrtümer und eines permanent vorhandenen Hasspotentials. "Zu spät" ist einmal mehr ein einzigartiger Text, gemeint der Haupttext jenes Bandes, fürwahr ein Dichter der letzten Dinge. Celan habe ich als Deutschlehrer dreissig Jahre lang gelesen, Kofler noch nie, jetzt halte ich es umgekehrt. Ja, Kofler geht unter die Haut, er war kein Plagiator, der Lyrik schändet, sondern oftmals ein genauer, wiewohl sarkastischer Beobachter. Und was für ein Sprachgenie!
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