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2011-02-24 Der Prozess des Volksgerichtshofes gegen die Widerstandsgruppe in Villach Vor dem RKG wurden häufig auch Prozesse gegen Personen abgehalten, die nicht unmittelbar mit dem Militär zu tun hatten. Dazu gehörten auch der Prozess gegen die Eisenbahnergruppe um Franz Knes, Konrad Lipusch, Martin Čemernjak aus Maria Gail und Villach, die mit zwei Eisenbahnern aus Judenburg und einem aus Jesenice im Juli 1941 in Klagenfurt zum Tode verurteilt wurden. Der Klagenfurter Prozess vom 17.-25. Juli 1941 war der bis dahin größte Prozess des RKG im damaligen Österreich, geführt von dessen 3. Senat unter Karl Schmauser. Der Tischlergehilfe Franz Knes gehörte zur etwa 10 Personen um fassenden Widerstandsgruppe aus Maria Gail ; sein Sohn Alois, der Kopf der Gruppe, konnte bei der Verhaftung am 20.6.1940 konnte entkommen. Martin Čemernjak aus Gottestal bei Wernberg arbeitete als Zimmerer in Villach und machte den ersten Weltkrieg mit. Er war Mitglied der Sozialistischen Partei, dann in der Vaterländischen Front; gegenüber dem NS-Regime verhielt er sich abwehrend und wurde 1939 Mitglied der „Maria Gailer Gruppe“, die 12 Mann umfasste. Konrad Lipusch stammte aus Kleinsattel bei Villach, war Maurergeselle und Mitglied der Maria Gailer Gruppe. Am 24.6.1940 wurde er mit Martin Čemernjak und Franz Melcher wegen Sprengstoffbesitz verhaftet und wegen Hochverrats angeklagt. Im Prozess vor dem RKG in Klagenfurt wurde er am 25.7.1941 mit Franz Knes, Konrad Lipusch, zwei Arbeitern aus Judenburg und einem aus Jesenice zum Tode verurteilt und am 4.11.1941 in Brandenburg enthauptet. Franz Melcher wurde wegen seines jugendlichen Alters „lediglich“ zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 23. und 24.4.1942 fand in Klagenfurt ein weiterer Prozess des Reichskriegsgerichtshofes statt, in dem die sieben St. Veiter Eisenbahner Karl Zimmermann, Josef Kuchler, Peter Schlömmer, Andreas Waste, Anton Truck, Ludwig Höfernig und Michael Robert Essmann wegen Sabotage von Wehrmachtstransporten verurteilt wurden, nachdem die Gestapo von einem Zugführer Johann König aus Bruck entscheidende Hinweise erhalten hatte. Die Untersuchung wurde von den Gestapobeamten Gustav Platzl und Helftricht durchgeführt; der Gestapomann Hans Sellak sagte darüber am 26.10.1947 vor ein er englischen Untersuchungskommission Auskunft. St. Veiter lokale NS-Führer wollten offensichtlich hier ihre Macht demonstrieren. Die zum Tode verurteilten Eisenbahner wurden am 30.6.1942 in Wien hingerichtet. Gregor Gabriel wurde am 12.8.1941 vom Oberlandesgericht Wien wegen Betätigung für den Kommunismus zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Anton Tuder, der Villacher Eisenbahner Josef Peskoller, Guido Valle, Karl Ecker und Franz Monsberger wurden am 20.2.1942 vom 2. Senat des VGH in Wien verurteilt: Valle erhielt 8 Jahre, Tantinger und Ecker 4 Jahre, Peskoller 3 Jahre, Monsberger und Tuder wurden freigesprochen. Nach seiner Rückkehr nach Klagenfurt wurde Tuder von der Gestapo in das KZ Gusen gebracht, wo er am 27.8. vermutlich mit einer Benzininjektion getötet wurde. Damit hatte der VGH erstmals auch seinen Schatten auf Kärnten geworfen. Peskollers am 5.12.1902 in Görtschach in der Gemeinde Dölsach geborene Frau Maria geb. Greil war wiederholt als Kurierin tätig. Bereits 1934 begann für die Familie eine Zeit der Repression und Illegalität. Josef Peskoller verbrachte 1935/36 eine achtmonatige Haftzeit im Anhaltelager Wöllersdorf. In dieser Zeit musste Maria die Familie allein ernähren. Während der Haftzeit des Mannes wurde sie in ein Netzwerk der Untergrundgruppen von den Partisanen von Leoben und Donawitz um Max Muchitsch sowie von Partisanen der Kärntner Slowenen und führenden Mitgliedern der illegalen KPÖ Kärntens eingebunden. Sie arbeitete auch mit Widerständlern bei der Eisenbahn und entflohenen Zwangsarbeitern zusammen. Unter dem Decknamen „Anna“ übermittelte sie politische Nachrichten und die Verteilung von Flugblättern. In Villach arbeitete sie mit Rosa Eberhard, Margarethe Jessernig, Erich Ranacher, Josef Ribitsch und Valentin Clementin zusammen. Die drei Frauen und drei Männer bildeten den Kern der sogenannten „Treffner Bande“, die 1944 eine besondere Rolle im Widerstand in Kärnten spielen sollte. Max Muchitsch von der Widerstandsgruppe Donawitz nahm bereits im Herbst 1942 Kontakt mit Maria Peskoller auf, die für ihn die Verbindung zu den Partisanen im Rosenteil offenhielt. Zum Kern dieser Partisanengruppe gehörten die Deserteure Erich Ranacher aus Lienz, der bereits wie sein Kollege Josef Ribitsch aus Ferlach bei den slowenischen Partisanen ausgebildet worden war sowie der aus Seebach bei Villach stammende Heinrich Brunner . Dieser wurde 1915 in Oberwollanig bei Villach geboren, desertierte von der Wehrmacht und bildete mit dem Buchdrucker Ranacher und dem Tischler Ribitsch den Kern der Partisanengruppe im Gegendtal, die im NS-Jargon als „Treffner Bande“ bezeichnet wurde. Für das Überleben der Gruppe waren die vielfältigen Kontakte von Maria Peskoller entscheidend. Erich Ranacher stammte aus einer sozialistischen Lienzer Eisenbahnerfamilie; mit 14 begann er eine Buchdruckerlehre bei den „Lienzer Nachrichten“. Nach seiner Lehrzeit kam der begeisterte Skifahrer zum Arbeitsdienst. Dann ging er zu den jugoslawischen Partisanen. Vom Wocheinersee aus führte er Kampfaufträge in Eisenkappel und Ferlach aus und schloss sich 1944 den Treffener Partisanen an, mit denen er in Waldbunkern um Villach lebte. Seine Aktionen führten ihn auch ins Drautal und bis Arriach. Nach seiner Verwundung fand er kurzfristig auch Unterkunft in der Wohnung von Maria Peskoller; er hatte in einem Gefecht mit einem Landwehrmann einen Armdurchschuss erhalten. Das 1936 in Berlin gegründete Reichskriegsgericht (RKG) war für die judizielle Verfolgung des Kriegsverrates in Deutschland zuständig, also in erster Linie für Angehörige der Wehrmacht. Die 180.000 Akten zu etwa 30.000 Wehrmachtsangehörigen sind nur fragmentarisch erhalten. Das RKG fällte insgesamt 1523 Todesurteile; davon betrafen einige auch Kärnten. Es gibt dazu jedoch so gut wie keine näheren Untersuchungen. Auch Zeugen Jehovas, die den Wehrdienst verweigerten, kamen vor den RKG. Einige der zum Tod Verurteilten gehörten zu den „Zeugen Jehovas“ wie Hermann Göschler aus Liebenfels, der 1939 verhaftet und in Völkermarkt von der Gestapo bis zur Unkenntlichkeit verprügelt wurde. Am 26.9. 1939 wurde er vor dem Reichskriegsgericht angeklagt, am 11.11. zum Tode verurteilt und am 1.12.1939 in Berlin-Plötzensee durch das Fallbeil hingerichtet. Auch Gregor Wohlfahrt aus Köstenberg wurde vom Reichskriegsgericht am 8.11.1939 zum Tode verurteilt und am 7.12. in Plötzensee enthauptet. Zu den vom RKG Verurteilten gehört z.B. der 1917 in Klagenfurt geborene Josef Lassnig, der am 23.12.1944 zum Tode verurteilt wurde und dessen Urteil dokumentiert ist oder der 1920 in Vorderberg geborene Johann Schnabl. Von den Kärntner Slowenen stand auch Johann Urank vor dem RKG; er wurde jedoch freigesprochen. Bisher sind 61 Urteile gegen Österreicher aus den Jahren 1939/40 gefunden; insgesamt wurden 224 Männer und Frauen aus Österreich zwischen 1939 und 1945 verurteilt. Schon bald kam es zu Kontakten von Villacher Eisenbahnern mit dem slowenischen Landwirt Gregor Gabriel aus Lessach bei Rosenbach, der in Verbindung mit Kilian Schauss stand, der seit Herbst 1938 die illegale KPÖ in Kärnten leitete. Gabriel hatte auch mit den Eisenbahnern in Jesenice Kontakt, ebenso mit dem aus seinem Dorf stammenden Karl Lepuschitz und dem Wehrmachtsdeserteur Alois Knes aus Maria Gail und der dortigen Widerstandsgruppe um den früheren Bürgermeister Anton Tuder, der bereits 1936 im Ständestaat inhaftiert worden und als „geistiger Führer“ der KPÖ in Villach bezeichnet wurde. Der Klagenfurter Gestapospitzel Alexander Herbst begann mit Ermittlungen über die Maria Gailer Gruppe und die linken Kreise in Villach. Bei der Klagenfurter Gestapo war die Abteilung II unter der Leitung von Dr. Bauer für Kommunismus, Kirche Juden und Minderheiten stand, während der vom Ständestaat übernommene Hans Sellak in der Abteilung III für Spionage und Grenzland-Angelegenheiten tätig war. Aus Kärnten wurden zumindest Hermann Göschler, Gregor Wohlfahrt, Josef Lassnig, Franz Knes, Martin Čemernjak, Konrad Lipusch, Michael Robert Essmann, Ludwig Höfernig, Josef Kuchler, Peter Schlömmer, Andreas Waste, Max Zitter und Karl Zimmermann vom RKG zum Tode verurteilt, also zumindest 13 Personen. Beim Widerstand der Villacher Linken spielte der Eisenbahner Josef Peskoller eine zentrale Rolle, der seit 1932 mit seiner ebenfalls aus konservativen Kreisen in Osttirol stammenden Frau, die er 1928 geheiratet hatte, von Lienz nach Villach übersiedelte. Er wurde 1896 in Lienz geboren, trat mit 23 der sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei war, seit Mitte der 30er Jahre in der illegalen KPÖ aktiv und wurde mehrfach verurteilt und 1934 in den zeitlich begrenzten Ruhestand versetzt. Nach dem „Anschluss“ wurde er aus der Eisenbahn entlassen und arbeitete als Nachtportier im Hotel Mosser in Villach. Nach seiner Verurteilung durch den VGH war er in Wien und Graz-Karlau inhaftiert und wurde am 26.6.1943 entlassen. Seine Frau Maria hielt die Familie durch Haushalts- und Schneiderarbeiten über Wasser. Der obersteirische Widerstandskämpfedr Max Muchitsch berichtet, dass er bereits im Herbst 1942 mit der „Genossin Anna“, Maria Peskoller in Verbindung stand., die für die Partisanengruppe Leoben-Donaweitz über Villach die Verbindung zu den Partisanen im Rosental aufrecht erhielt. Josef Peskoller wurde ab 1934 mehrfach verhaftet – so auch am 11.6.1940. Er nahm dann wieder Verbindung mit der im Untergrund wirkenden Widerstandsbewegung auf und wurde am 21.2.1941 ins Klagenfurter Landesgerichtsgefängnis überstellt. Ihm wurde vorgeworfen, mit anderen hochverräterische Unternehmungen vorbereitet und mit Druckschriften versucht zu haben, die Reichsverfassung zu ändern. So konnte Opposition leicht zum Hochverrat „umgedreht werden“. Am 20.2.1942 wurde er schließlich zu 20 Monaten Haft verurteilt. Nach Beendigung der Haft wurde Peskoller am 24.5.1944 erneut verhaftet und erst am 4.5.1945 entlassen. Obwohl er KPÖ-Funktionär war, arbeitete er auch mit christlichen Widerständlern wie der Gruppe Zernatto zusammen. Der 1908 in Ferlach geborene Tischler Josef Ribitsch aus Klagenfurt betätigte sich bereits im Frühjahr 1944 vor seiner zweiten Einberufung zur Wehrmacht als Briefkurier und kam auf diese Weise mit anderen Partisanen in Kontakt. Nach seiner neuerlichen Einberufung zur Wehrmacht Ende April 1944 wurde er Anfang Juni verhaftet. Während der Überführung von Wien nach Klagenfurt sprang er aus dem fahrenden Zug und flüchtete in die Karawanken, wo er auf Erich Ranacher traf, der sich ebenfalls als Deserteur im Wald aufhielt und von einem Partisanenführer den Auftrag erhielt. Er tauschte die Uniform gegen Zivilkleidung und nahm mit Ranacher und mit dem von diesem angeworbenen Brunner Kontakt auf. Im Spätsommer 1944 gelang es der Gruppe, eine im Wald lebende Partisanengruppe aufzubauen, zu der neben den Wehrmachtsdeserteuren Brunner, Ranacher und Ribitsch auch einige entflohene russische Zwangsarbeiter gehörten. Auch der 1911 in Seebach bei Villach geborene Maurerpolier Valentin Clementin – an den eine Inschrift am Volkshaus von Landskron erinnert - unterstützte die Gruppe durch Verschaffung von Waffen und Munition. Heinrich Brunner kehrte nach einem am 18.9.1944 abgelaufenen Urlaub nicht zu seiner Truppe zurückt und wurde von Ranacher für die Gruppe gewonnen. Er nahm seine Ausrüstung mit und hielt sich zunächst mit Ranacher in einem Waldbunker auf. Als Anführer der Bande nahm Ribitsch später auch Ostarbeiter in die Gruppe auf. Die Gruppe knüpfte Kontakte zu der 1910 in Kellerberg geborenen Rosa Eberhard geb. Steiner aus Villach Lind, die Informationen weiterleitete, Fluchthilfe gab und Verpflegung beschaffte, während ihr Mann Andreas Eberhard bei der Luftwaffe meist abwesend war. Sie war auch privat mit Maria Peskoller befreundet und gewährte Wehrmachtsdeserteuren und entflohenen Zwangsarbeitern Unterschlupf. Zu dieser Gruppe gehörte auch die 1907 in Hirschwang bei Neunkirchen geborene Margarethe Jessernig, deren Mann ebenfalls bei der Bahn gewesen war, war ebenfalls privat mit Frau Peskoller privat befreundet. Peskollers Tochter Helga wuchs in dieses Widerstandsnetz hinein. „Nicht umsonst hat man damit gelebt, dass man meinen Vater immer wieder verhaftet hat, und wir haben ganz genau gewusst, dass er da nichts Schlechtes getan hat. Das war einfach der Kampf gegen all diese schrecklichen Dinge. Gegen den Krieg und gegen die Nazis.“ Zur Familie kam auch die Witwe des 1941 in Brandenburg hingerichteten Mitgliedes der Maria Gailer Widerstandsgruppe. Die Gegner des NS-Regimes begannen sich untereinander zu vernetzen. Peskollers Tochter Helga nahm auch Kurieraufgaben an und sollte z. B. 1944 eine Pistole von Villach nach Klagenfurt bringen, was durch die Bombardierung Klagenfurts scheiterte. Der Widerstandskämpfer Max Muchitsch aus der Gruppe der Partisanen von Leoben-Donawitz nahm Kontakt zur „Treffner“ Gruppe auf und berichtet darüber auch in seinen Memoiren. Auch Margarethe Jessernigs gleichnamige Tochter spielte als Kurierin eine wichtige Rolle. Beim Prozess gegen die „Treffner Bande“ spielte das Tagebuch des Erich Ranacher aus Lienz eine zentrale Rolle – ähnlich wie das des Thomas Olip in Zell Pfarre - beim Prozess. Etliche Fakten waren hier aufgelistet: am 2.10.1944 raubten Ranacher, Ribitsch und Brunner, die mit einer Maschinenpistole und zwei Pistolen bewaffnet waren, Lebensmittel auf der Meierei in Winklern, drei Tage später in der Trafik Schmölzer in Wernberg Rauchwaren. Am 12.10. verübten die drei einen Überfall auf das Gehöft des Landwachtpostenführers Reichmann in Treffen, wo sie mehrere Gewehre, eine Pistole, Munition und Lebensmittel erbeuteten. Am 16.10. erbeuteten sie mit dem Tschechen Wenzel und der Ostarbeiterin Ljuba ein Gewehr, Kleidung und Lebensmittel. Am 19.10. erbeuteten sie in Kras ein weiteres Gewehr und Lebensmittel von Bauern. Bei einem weiteren Überfall mit Ostarbeitern auf den Hof des Bauern Maier in Köttwein erbeuteten sie Lebensmittel, wurden aber von der Landwacht vertrieben. Und erwiderten das Feuer. Bei einer Unternehmung in Puch erbeuteten sie ein Gewehr, am 25.10.1944 kam es zu einem Feuergefecht mit der Landwacht. Bei den Bauern Ebner und Steiner in Unterwollanig und in Verditz machten sie weitere Beute. Am 30.10 scheinen sie bei einem Bauern im Kasgraben Lebensmittel erhalten zu haben. Es kam auch zu einer Schießerei mit der Landwacht; ein fliehender Landwachtmann wurde von Ribitsch und Brunner tödlich verletzt. Am 7.11. erhielt Erich Ranacher, der von slowenischen Kommissaren für seine Tätigkeit geschult worden war, bei einer Schießerei einen Armdurchschuss; Ribitsch trug dabei eine Kappe mit rotem Stern; sie gaben sich als Leute der KPÖ aus; das Tagebuch Brunners trug die Aufschrift „Auf zum Kampf für die Freiheit Österreichs. KLPÖ“. Im November kam es in der Gruppe zum Streit; am 8.11. trennten sie sich von den Ostarbeitern und beschlossen, ins obere Drautal zu ziehen. Am 11.11. wurden die Frauen Peskoller, Jessernig und deren Tochter festgenommen, am 14.11. Ribitsch, Brunner und Ranacher, am 16. Ranachers Vater Josef aus Lienz, am 18. der Kraftfahrer Josef Ermenz aus Klagenfurt, etwa um diese Zeit auch der kroatische Hilfsarbeiter Milan Jelic und am 19.11. der Maurerpoliert Valentin Klementin aus Seebach bei Villach. Ribitsch, Brunner und Erich Ranacher wurden als fahnenflüchtige Deserteure als „Volksschädlinge“ der Vorbereitung zum Hochverrat, Kriegsverrat, Feindbegünstigung und Tötung von Polizisten angeklagt und mussten mit dem Tode rechnen, Frau Peskoller und Jessernig der Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung und die übrigen Angeklagten der Beihilfe zur Vorbereitung von Hochverrat und Feindbegünstigung. Damit war es für die NS-Justiz klar, dass Erich Ranacher, Josef Ribitsch und Heinrich Brunner zum Tode verurteilt werden würden; Brunner war auch Mitglied der „Ostmärkischen Sturmscharen“ und 1938 der SA beigetreten. Erich Ranacher hatte im Arbeitsdienst an der Ostfront Dienst gemacht, war im März 1938 der HJ beigetreten und wurde später als HJ-Führer von August 1943 in Klagenfurt eingerückt, war offensichtlich an den Kämpfen in Italien beteiligt und wurde dann als HJ-Führer von der Wehrmacht freigestellt. Die Frauen Peskoller und Jessernig waren als Hausgehilfinnen tätig gewesen, die Tochter Jessernig war beim BDM und wurde im Sommer 1944 in die NSDAP übernommen. Frau Eberhard war Schneiderin und gab an, in der Zeit des Ständestaates für die NSDAP eingetreten zu sein. Josef Ranacher war Sozialist und Mitglied der SPÖ und des Schutzbundes. Klementin war Maurer und hatte die italienische Staatsbürgerschaft, der Kroate Jelic arbeitete als Hilfsarbeiter und Koch und Maria Jennes Aufräumerin bei der Gendarmerie. Unter den Angeklagten waren daher einige, die zumindest zeitweise mit dem NS-System sympathisiert hatten. Ernst Ranacher, der jüngere Bruder von Erich, berichtete später: „Da sind sie in Steinfeld zu einem Bauern Brot betteln gegangen und die haben ihnen nix gegeben, sie sind dann weitergezogen, der Erich mit drei anderen, sie waren zu viert. Und der Bauer hat das angezeigt. Der Erich hat ja eine Waffe im Rucksack gehabt, sie sind dann auf einer öffentlichen Straße verhaftet worden, weil der Bauer sofort Anzeige gemacht hat“. Deserteure und Wehrdienstverweigerer wurden über die Peskoller-Wohnung in der Sonnenstraße in den Wald geschleust. Zu den Zwangsarbeitern gehörten auch der 1910 in Suschak in Kroatien geborene Milan Jelič und die Russen Wasil Golobin, Juan Sirokin und Michael Kassulin aus der Gruppe von etwa 4000 Zwangsarbeitern aus Russland und der Ukraine, die in selbstgebauten Waldbunkern um Villach lebten. Es kam auch zu Feuergefechten zwischen den „Treffener Partisanen“ und den Nazi-Verfolgern. Bei einem Gefecht im Krastal kam ein Landwachmann ums Leben. Die Gruppe lebte ab Frühjahr 1944 in Waldsbunkern um Villach. Milan Jelič unterstützte die Gruppe durch Lieferung von Lebensmitteln, Übermittlung von Botschaften und die Beschaffung einer Pistole. Wie aus der Gendarmeriechronik von Afritz hervorgeht, zeigten die Aktionen der Treffner Partisanen durchaus Wirkung: „Ab 30. 10. musste das Elektrizitätswerk Arriach-Klamm wegen Bandentätigkeit im Postenbereich Treffen durch Landwachtmänner zur Nachtzeit ständig bewacht werden. […] Am 4. 11. nach 18 Uhr haben 9 bewaffnete Banditen in Verditz Nr. 15 Lebensmittel geraubt. Auf das hin wurde der Posten um 3 Gendarmen verstärkt und musste durch Tage hindurch Lauerstellung in den Ortschaften Verditz und Schattenberg unter Heranziehung der Landwacht zur Nachtzeit bezogen werden, bis die Treffnerbande festgenommen wurde. “ Mitte November 1944 wurde die Gruppe enttarnt und verhaftet. Milan Jelič wurde von der Gestapo verhört und ins Landesgerichtsgefängnis von Klagenfurt überstellt. Leider sind keine Verhörprotokolle erhalten. Unmittelbar nach Zustellung der Anklageschrift vom 16.12.1944 wurde bereits am nächsten Tag die zweitägige Gerichtsverhandlung des Volksgerichtshofes vom Präsidenten Dr. Roland Freisler eröffnet; der Kärntner Abschnittsleiter Ingo Treffer gehörte zu den fünf Richtern, die am 18.12. über acht Angeklagte (Ribitsch, Brunner, Erich Ranacher, Marie Peskoller, Margarete Jessernig sr. und Rosa Eberhard, Valentin Klementin und Milan Jelic) die Todesstrafe verhängten. Da Maria Jennes ihren Geliebten nicht anzeigte, erhielt sie drei Jahre Gefängnis, Josef Ranacher erhielt drei Zuchthaus, da er die Partisanen nicht anzeigte und ihnen eine Pistole liefern wollte, Josef Ermenz erhielt wegen Nichtanzeige ein Jahr Gefängnis und die jugendliche 17jährige Margarethe Jessernig zwei Jahre Jugendgefängnis, weil sie unter dem Einfluss ihrer Mutter die Partisanen unterstützt hatte. Am 21.12. wurde das Urteil in Berlin bestätigt, und am 23.12.1944 wurden in Graz die acht zum Tode verurteilten Widerstandskämpfer mit dem Fallbeil hingerichtet. Der Leichname von Jelic wurde auf dem Grazer Zentralfriedhof verscharrt; die Grabstelle konnte nicht eruiert werden. Die Namen von Maria Peskoller, Heinrich Brunner, Rosa Eberhard, Valentin Clementin, Milan Jelic und Margarete Jessernig sr. stehen in Villach auf dem „Denkmal der Namen“, weil sie mit der Geschichte Villachs verbunden sind; Josef Ribitsch und Erich Ranacher werden hier nicht als Opfer geführt, da es bei ihnen keine Beziehung zu Villach gab. 1949 wurde ein Antrag der KPÖ Villach abgelehnt, Straßen nach den sechs Opfern aus Villach zu benennen. Die Angelegenheit um die „Treffner Bande“ hatte jedoch noch ein weiteres Nachspiel. In und um Villach war eine große Anzahl von Zwangsarbeitern tätig, zumeist verschleppte kriegsgefangene Polen und Russen. Von diesen hatten einige die Gruppe der Widerstandskämpfer unterstützt. Vor allem die drei Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter Michael Kassulin Wasil Golobin und Juan Sirokin aus Kursk in Russland hatten sich der „Treffner Bande“ angeschlossen. Sie lebten als Deserteure im Wald mit der Gruppe. Maria Peskollers Tochter Helga Emperger erinnert sic h daran, wie sie beim Gestapoverhör mit Wasil Gollobin konfrontiert wurde, der „ganz blutig geschlagen und übel zugerichtet, kaum zu erkennen“ war. Beide leugneten, einander zu kennen. Am 9.1.1945 wurde Gollobin mit den beiden anderen desertierten Zwangsarbeitern an den Fensterkreuzen des Gefängnishofes von zwei polnischen Zwangsarbeitern aufgehängt wurden; namentlich bekannte Villacher Gestapobeamte schauten dabei zu. Der Gestapobeamte Conle verlas das „Urteil“ in deutscher Sprache, wobei er sagte: Der Führer hat diesen Menschen Arbeit und Brot gegeben, sie haben es aber vorgezogen ihre Arbeitsstätte zu verlassen und sich den Banditen anzuschließen. Daher hat sie der SS-Führer und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler zum Tode durch den Strang verurteilt“. Man ließ die Toten einige Tage im Gefängnishof hängen und führte immer wieder Zwangsarbeiter aus der Umgebung an ihnen vorbei, um ihnen die drei als abschreckendes Beispiel vorzuführen.
1 Walzl (1994), 71-73 und Peter Pirker: Gegen das „Dritte Reich“. Sabotage und transnationaler Widerstand in Österreich und Slowenien 1938-1940, 215-226.
Walther Schütz, 2011-02-25, Nr. 5066 Ist der Beitrag irgendwo in einem Buch erschienen? |
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