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2010-01-22 Die ermordeten Kinder aus Kärnten Rede anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „NO CHILD´S PLAY“ im Peraugymnasium am 14.1.2010 . Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute der Kinder gedenken, deren Leidenswege in dieser Ausstellung dargestellt werden, so wissen wir, dass diese Kinder von einem mörderischen Regime systematisch ausgesondert und kaltblütig mit penibler bürokratischer Organisation, umgebracht wurden. Dass es möglich war, diese Menschen so planvoll, so öffentlich, so legal zu töten, mitten in Europa, mitten im 20. Jahrhundert stellt einen ungeheuerlichen Zivilisationsbruch dar, der von Menschen begangen wurde der bloß zweiten Generation vor unserer Zeit. Von unseren Müttern, Großmüttern und Urgroßmüttern, von unseren Vätern, Großvätern und Urgroßvätern. Und noch etwas wissen wir bzw. sollten wir wissen und das sollte uns nachdenklich machen: „Die nationalsozialistischen Massenmorde wurden mitten in unserer modernen rationalen Gesellschaft geplant und durchgeführt, in einer hoch entwickelten Zivilisation mit außergewöhnlichen kulturellen Leistungen. Sie müssen deshalb als ein Problem, als eine wiederkehrende Möglichkeit, unserer Gesellschaft, unserer Kultur und unserer Zivilisation betrachtet werden.“ Wir sollten uns die Frage stellen welche spezifischen Gründe dazu führten, dass diese Schattenseite der Moderne so geschichtsmächtig werden konnte. Der Kern der NS Ideologie fußte auf der Behauptung von der Ungleichheit der Menschen im Gegensatz zum christlichen Menschenbild und im Gegensatz zum Gleichheitsprinzip der Menschenrechterklärung der französischen und amerikanischen Revolutionäre des 18. Jahrhunderts. Die Nationalsozialisten vertraten die Ideologie von der Volksgemeinschaft. Ausgeschlossen aus dieser Volksgemeinschaft waren Jüdinnen und Juden, Roma und Sinti und Menschen mit einer Behinderung. Sie galten als rassisch minderwertig. Im Interesse eines „gesunden deutschen Volkskörpers“ ergriffen die Nationalsozialisten Maßnahmen zu ihrer „Ausmerzung.“ Das war die Sprache der Nationalsozialisten in ihren Programmen, Büchern, Zeitschriften, Zeitungen und auf den öffentlichen Plätzen im Deutschen Reich. Auch in Kärnten. Und diesen Worten entsprechend waren auch ihre Taten. Im April 1941 verhaftete die Kärntner Kriminalpolizei, im Rahmen der so genannten „Zigeuneraktion“, die unter der Leitung von Kriminalinspektor Karl Malle aus Klagenfurt stand, der nach 1945 weiter im Dienst blieb, 50 Personen - Angehörige der Volksgruppe der Sinti - und überstellte sie in das Zigeuneranhaltelager Weyer nach Oberösterreich. Nach Auflösung dieses Lagers deportierte man alle Häftlinge nach Polen in das jüdische Ghetto von Lodz, wo für die Sinti und Roma notdürftig ein „Ghetto im Ghetto“ errichtet wurde. Im Jänner 1942 wurde dieses „Zigeunerghetto“ aufgelöst und man überstellte diejenigen, die bis dahin überlebt hatten, in das Vernichtungslager Chelmno und erstickte sie dort in Gaswägen mit Benzinabgasen. Betroffen von diesem Schicksal waren auch Kinder aus Kärnten: ♦ die sechsjährige in Ferlach geborene Anna Link, ♦ Der acht Monate alte Johann Held aus Villach wurde wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Sinti im Oktober 1941 von der Villacher Kripo mit seiner Mutter festgenommen und in das Zigeuner Anhaltelager Lackenbach nach Burgenland deportiert, wo er 14 Tage später verstarb. ♦ Die dreizehnjährige Helene Weiss aus Klagenfurt wurde wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Sinti im Oktober 1941 ihren Zieheltern weggenommen und in das Zigeuner Anhaltelager Lackenbach nach Burgenland deportiert. Dort verliert sich ihre Spur. ♦ Die zweijährige Melitta Pachernik und ihre sechs Wochen alte Schwester Isabella, beide aus Villach, wurden, weil sie „Zigeunermischlinge“ waren, im Oktober 1941 von der Villacher Kripo festgenommen. Die flehentlichen Bitten der Großmutter und der Tante ihnen die Kinder nicht wegzunehmen waren vergebens. Die Villacher Kripo sagte: „Die Mutter ist Arierin, die kann hier bleiben, aber die Kinder sind Mischlinge und müssen deshalb vom Grenzgebiet weggeschafft werden“. Natürlich ist die Mutter mit ihren Kindern mitgefahren. Über Todesort und Todeszeitpunkt der Kinder, der Mutter und des Vaters habe ich keine Informationen. In den Jahren 1942 und 1943 wurden mehrere Kinder aus Kärnten wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Sinti in das KZ Auschwitz deportiert und dort um ihr Leben gebracht. Betroffen davon waren: ♦ Die achtjährige in Maria Elend geborene Therese Held, ♦ Der elfjährige Edwin Presser aus Stockenboi wurde wegen einer Behinderung im März 1941 in die NS Tötungsanstalt Hartheim nach Oberösterreich deportiert, wo er mit Kohlenmonoxid erstickt wurde. ♦ Die elfjährige Hildegard Wieltschnig aus Maria Gail wurde im Jahre 1943 wegen Epilepsie in das Gaukrankenhaus Klagenfurt eingeliefert. Ihrer Mutter schrieb sie noch einen Brief: „Bitte Mutti hol mich wieder. Hier bekommen wir einen Saft zu trinken von dem wir sterben“. Die elfjärige Hildegard wurde mit einer Überdosis an Luminal und Somniferen im Gaukrankenhaus Klagenfurt ermordet. In den Jahren 1940, 1941, 1942 und 1943 wurden mehrere Kinder aus Kärnten wegen einer Behinderung in die NS Tötungsanstalt „Am Spiegelgrund“ nach Wien überstellt, wo sie ermordet wurden. Betroffen davon waren ♦ die dreizehnjährige Elfriede Bosch aus Klagenfurt, ♦ Anna Gastl ist am 28. Mai 1944 in der Gestapohaft in Klagenfurt zur Welt gekommen, wo ihre Mutter Josefine Gastl aus Finkenstein wegen Partisanenunterstützung inhaftiert war. Anna wurde ihrer Mutter sofort weggenommen und verstarb 14 Tage später an Unterernährung im Gaukrankenhaus Klagenfurt. ♦ Die einjährige Eva Linker aus Klagenfurt, ein jüdisches Kind, ist mit ihren Eltern nach dem Novemberpogrom 1938, der so genannten Reichskristallnacht, nach Wien gezogen, um von dort aus die Flucht nach Palästina vorzubereiten. Ende 1939 versuchten sie mit einem illegalen Fluchttransport auf einem Donaudampfer zum Schwarzen Meer zu gelangen. Nach zweiwöchiger Fahrt wurde das Schiff in Kladovo, einem kleinen Donauhafen im Dreiländereck Rumänien – Jugoslawien – Bulgarien, angehalten. Die Flüchtlinge wurden in ein Lager nahe Belgrad überstellt. Nach dem Überfall auf Jugoslawien im April1941 wurden alle männlichen Insassen dieses Lagers im Rahmen einer „Sühneaktion“ von der Deutschen Wehrmacht als Geiseln festgenommen und erschossen. Darunter befand sich auch der Vater der damals vierjährigen Eva. Bald darauf wurde Eva mit ihrer Mutter in das KZ Sajmiste bei Belgrad überstellt. Dort wurden beide in einem Kastenwagen mit Benzinabgasen erstickt. ♦ Im Dezember 1938 übersiedelte die jüdische Familie Preis aus Klagenfurt mit ihren beiden Kindern, dem zweijährigen Peter und der dreijährigen Eva, nach Wien. Dazu wurden sie von den Nazis gezwungen, denn die Nazis wollten Kärnten judenfrei machen. Vier Jahre später wurde Peter mit seiner Schwester Eva und den Eltern in das KZ Theresienstadt deportiert. Im Jahre 1944 wurde der damals achtjährige Peter gemeinsam mit seiner neunjährigen Schwester Eva in das KZ Auschwitz deportiert, wo beide mit Zyankali Gas erstickt wurden. Die Nationalsozialisten ermordeten diese Kinder, weil sie, gemäß ihrem rassistischen Weltbild, zu einer biologisch determinierten Gruppe gehörten. Hermann Langbein, Spanienkämpfer und Häftling im KZ Auschwitz, den ich oftmals als Zeitzeugen an diese Schule einlud, sagte zu mir einmal den bemerkenswerten Satz: „Die Jüdinnen und Juden, die Roma und Sinti und die behinderten Menschen wurden ermordet, weil sie geboren wurden." . . Quellen:
Sarah Stern, 2010-03-04, Nr. 4764 was soll man da noch sagen - mir bleibt die sprache weg - danke aber fuers recherchieren und aufzeigen... rudolf tusch, 2013-10-25, Nr. 6089 NIEMALS VERGESSEN! |
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