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2009-05-07 Der 1. Mai: Tag der ,Krise der Arbeit' Dokumentation eines bemerkenswerten Vortrages, gehalten bei der Feier der KPÖ-Villach zum 1. Mai 2009 . Heute ist der 1. Mai, seit vielen Jahren mit dem Untertitel „Tag der Arbeit“ versehen. Durch die verschiedensten Umstände, auf die ich im Folgenden näher eingehen möchte, bin ich jedoch zu dem Entschluss gekommen, dieses Datum mit neuem Untertitel zu versehen. „Tag der Krise der Arbeit“. Das Wort „Krise“ wird in letzter Zeit ungewöhnlich oft missbraucht, gebraucht und verbraucht. Am allerhäufigsten begegnet es uns im Zusammenhang mit Wirtschaft und Finanzen. Wörter als Floskeln, die eigentlich nur als Synonym für „Kapital“ und „Markt“ verwendet werden. Führende Ökonomen, Zeitungsredakteure und Anchormen bzw. Women sprechen und schreiben zu oft über Wirtschaftskrise, Finanzmarktkrise und deren vermeintlich absehbare Folgen. Politiker debattieren über Krisenbudgets, Investitionen der Krise wider und Kapitalvermehrungssteuern. Sie diskutieren und beschließen kurzfristig greifende Subventionen für ein System das faktisch versagt hat. Sie und wir alle müssen sich/uns eingestehen, dass das Kapital und damit der wachsende Markt, genannt Globalisierung, versagt haben. Es handelt sich demnach um die größte Krise des Kapitalismus, seit dessen Bestehen. Es ist keine klassische zyklische kapitalistische Krise, wie 1929 bis 1932 oder in den 70er Jahren oder die vorangegangene 2000/01. Nein, die Krise hat eine neue Dimension erreicht. Sie ist das Multiplikationsprodukt von 6 verschiedenen Krisen. 1. Krise der materiellen Produktion. 2. Krise der Schlüsselindustrien, sprich Auto- und IT- Branche. 3. Die neu dimensionierte Finanzkrise. 4.Die hegemoniale Krise oder die Krise der US-Währung 5. Die Hungerkrise 6. Die Umwelt- und Klimakrise Im Zuge der „Krise“ präsentieren Nordamerika, Japan, Europa und China folgende Konjunkturprogramme: Förderung des PKW-Absatzes, Subventionierung der Autoindustrie, Bau von Straßen und Vorziehung von Straßenbauprojekten. Die fatale Abhängigkeit von einem Modell eines Öl basierten Kapitalismus wird so verstärkt und verschärft somit Umwelt und Klimakrise. Gleichzeitig sagt der Klimabeauftragte der UN im Feber, dass es die Krise schwerer macht, Geld von Regierungen für den Klimaschutz zu bekommen. Die UNO selbst setzt auf marktkonforme Instrumente wie Emissionszertifikate. Ein netter Weg, doch die falsche Richtung, denn der aktuelle Trend in der Krise setzt auf das Schaffen neuer materieller Grundlagen für eine fortgesetzte Steigerung der Emissionen. Conclusio Die 6 Krisen hängen zusammen. Sie stehen in Wechselwirkung zueinander. Sie bedingen sich und sie verstärken sich. Ihre Zusammenführung rechtfertigt, von einer neuen Dimension der Krise zu sprechen. Und dieser Dimension möchte ich einen neuen Titel geben. Ich spreche von der Krise der Arbeit. Dieser Titel ist mir nicht mir-nichts-dir-nichts eingefallen. Mein guter alter Freund Karl Marx widmete schon große Teile seines Lebenswerkes der „Kritik und Krise der Arbeit“. Marx formulierte die Kritik der kapitalistischen Arbeit, also Arbeit zum Werte- und Eigentumschaffen, so, dass er sagte, es sei unglaubwürdig, den selben Begriff Arbeit als überhistorisches positives Menschsein gegen den Kapitalismus ins Feld führen zu wollen. Heißt also, wir können nicht von Arbeit als etwas anderes sprechen als als Kapitalbeschaffungshilfe. Wir haben Arbeit von uns entfremdet oder der kapitalistische Ertrag der Arbeit hat uns von ihr entfremdet. Kompliziert zu erklären, noch komplizierter, es zu verstehen. Da müsste ich sehr weit ausholen oder jeder „Das Kapital“ im Kopf haben. Jedenfalls geht es darum, dass der Begriff „Arbeit" als abstrakte Verausgabung menschlicher Energie nur im Zusammenhang als Tätigkeit des modernen kapitalistischen Systems von Warenproduktion für anonyme Märkte Sinn macht. Im Grunde leben alle im kapitalistischen System dafür, selbstzweckhaft und immergleich unsere menschliche Energie irgendwie zu Geld zu machen. Und wenn ich von allen im kapitalistischen System spreche, trifft diese Abstraktion nicht nur den normalen Lohnarbeiter, sondern umfasst im gleichen Maße die gern verteufelten und zu Schuldigen gemachten Manager/innen, es betrifft alle Gruppen kapitalistischer Funktionshierarchie. Denn niemand im Kapitalismus sitzt untätig herum und lässt es sich mit seinen zig Trillion und Trilliarden irgendwo gut gehen. Vielleicht einzelne wenige. Nein, sie alle machen sich auch weiterhin zu Sklaven ihres Werteschaffenwillens. Manager/innen arbeiten 80 Stunden in der Woche und gehen zehntausendmal ins Fitnesscenter, um gesund und jung zu bleiben, um möglichst lange und mit viel Erfolg Kapital zu vermehren. Einige wenige sehen sich nicht mehr aus, v.a. US-Notenbankenchefmanager, und gehen lieber auf die Suche nach dem Licht am Ende des Tunnels. Wir alle als kapitalistisch bestimmte Menschen, umgangssprachlich „Erwerbstätige", beziehen uns im Sinn der Arbeit auf die Form der Konkurrenz und der Form der abstrakten Arbeit. Doch die Krise lässt eine düstere Aussicht für die abstrakte Arbeit aufkommen. Das Ende derjenigen. Laut Marx bedeutet es das Ende des positiven, empathischen Begriffs der Arbeit als Identifikationsinstrument. Wie viele unter uns würden sich unnotwendig und überflüssig fühlen, wenn wir keine Arbeit hätte und keine finden würde? Es würde zu einem ernsten Persönlichkeitsproblem führen, das de facto immer mehr Menschen treffen wird. Denn wir haben Krise. Und wir identifizieren uns mit unserer Arbeit. Wir sind, was wir arbeiten. Wir sagen hauptsächlich „Was arbeitest du?“ „Ich bin Radiologietechnologin“. Diese Entfremdung weist auch uns als Partei in eine neue Richtung. Marx hat die Krise der Arbeitsgesellschaft (©Hannah Arendt) vorausgesehen und sie begrifflich analysiert. Zeitgenössische Ökonomen entdecken sie wieder und schreiben so schillernde Bücher wie „Das Ende der Arbeit“ von Jeremy Riffkin. Er beschreibt darin u.a. die Arbeitsmarktsituation der letzten 30, durch mikroelektronische Revolution geprägten Jahre. Und spricht davon, dass 2020 nur mehr 2% der lohnarbeitenden Bevölkerung in Fabriken gebraucht werden. Unglaublich, oder?? Eigentlich nicht, denn Selbstbedienung ist auch schon sehr populär. Politiker/innen und alle anderen Nichtvisionäre wollen das nicht wahrhaben und schon gar nicht Wähler/innen zumuten, sondern interpretieren die immer gleichen 3 Pseudotheorien neu. Dass die Arbeitsplätze vor allem in der Industrie in Billiglohnländer abgewandert werden. Bei näherer Betrachtung, stimmt das so nicht. Dass wir eh genug Jobs haben, aber die Leute sind zuwenig ausgebildet und müssen sich besser qualifizieren, was auch absoluter Quatsch ist, denn bei den kommenden Arbeitslosenzahlen wird es sich nie mehr mit den hochqualifizierten Arbeitsplätzen ausgehen. Arbeit wird in Zukunft wohl nur mehr Eliten beschäftigen. Top-Manager, Top-Ärzte, Top-irgendwas werden immer gebraucht werden, aber den Durchschnitt kann vielleicht ein Computer oder Roboter billiger bieten. Die dritte Pseudotheorie sagt, dass eine Senkung der Lohnnebenkosten das Problem lösen könnte. Lächerlich. Absolut liberale Sozialsysteme wie in den USA haben auch völlig versagt. Deren Arbeitslosenquote liegt mit dem heutigen Tag offiziell bei 8,5%. Und wer das alles jetzt für utopisch und untergangsphilosophisch sieht, dem ist zu Sagen, dass dies logische Schlüsse aus Beobachtungen der tagtäglichen Wirtschaft sind. Wir sind jetzt an einem interessanten Punkt, der mich als marxistische Person definiert, Marx’ Kritik der Arbeit mit den logischen Beobachtungen der Wirtschaft verbindet und eine neue Aussicht für die Zukunft darstellt. Der Kapitalismus strebt auf seine Grenze zu, die Globalisierung hat de facto versagt, es bedeutet das Ende der Arbeit. So muss es laut Marx sein, die entfremdete Arbeit zerstört sich selbst. Und was bedeutet das alles politisch für uns? Zweierlei: Erstens ist es richtig, in Zeiten, in denen immer weniger Menschen immer mehr Lohnarbeiten müssen, und immer mehr Menschen immer weniger Lohnarbeiten dürfen, sowohl die generelle Arbeitszeitverkürzung zu propagieren als auch die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten. Und zweitens, dass wir in Zeiten, in der sich aus dem Blickwinkel globaler menschenwürdiger Existenz die Sinnwidrigkeit des kapitalistischen Systems so krass darstellt, dass sich bereits die Mehrheit der Menschen ein anderes System wünscht, dass wir uns also in solchen Zeiten vor allem eines fragen: Wie vermitteln wir dieser Mehrheit unserer radikale Ablehnung dieses Systems?? Wie vermitteln wir es?? All das gesagte kann mich a la longue nur zu einem Schluss bringen: Wir gehören der richtigen Partei an, wir streben das einzig reale Ziel an, wir beziehen historisch und gegenwärtig den richtigen politischen Weg. Aber warum können wir diesen Weg nirgends bzw. nirgends hier in Kärnten gestalten? Weil wir nirgends bzw. nirgends hier in Kärnten mitreden dürfen. Wie unfair, undemokratisch und derevolutionär? Ist richtig, aber auch unser eigenes Verschulden. Es hapert wohlweislich an der Kommunikation dieser Visionen, wir wissen, dass unsere (Infra)strukturen eher kläglich mager zur Verfügung stehen, den sog. „alten Kommunist/innen" langsam aber sicher die Energie ausgeht, und neue, vom liberalen System enttäuschte Anhänger/innen unseres Weges sich nur sehr schwer auftreiben lassen. Noch. Es geht darum, mit neuen und bewährten Ideen (wie unserer bedingungslosen Grundsicherung und dem Standpunkt der absoluten staatlichen Verantwortung bei Grundstrukturen) zur Umsetzung dieses politischen Weges, die Menschen - und wenn ich kurz populistisch sein möchte - die Wähler/innen dafür zu begeistern. Das ist unsere Aufgabe für die nächsten fünf Jahre in unserem Land. Jeder von uns, liebe Genossinnen und Genossen, sollte den heutigen Tag der Krise der Arbeit zum Anlass nehmen, in sich zu gehen, sich damit auseinanderzusetzen und zu überlegen, wie wir unseren Weg zugänglich machen können. Und dabei kommt es in erster Linie nicht auf Interpretationen an, sondern auf Interventionen, auf Tatsächlichkeiten. Denn eines kann nach dem 1. März klipp und klar gesagt werden. Gerade in schwierigen Zeiten wächst die Affinität zu Handschlagpolitikern und rascher Realhilfe, auch wenn es noch so kurzfristig und durchschaubar ist. Damit bin ich endlich am Ende meines wohl sehr ausführlichen Wort zum Tag angelangt. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! . Tina Lobnig kandidiert am zweiten Listenplatz für die KPÖ - Europäische Linke bei der EU-Wahl Juni 2009 .
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