2008-10-29
Ansprache anlässlich der Neugestaltung des ,Denkmals der Namen'
Ein Rück- und Ausblick im Rahmen der Feierlichkeiten am 25. Oktober 2008:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde! Guten Abend.
Špoštovane gospe in gospodje, drage prijatelice in dragi prijateli! Dober večer.
Dieses Denkmal der Namen, vor dem wir heute stehen und das 1999 mit 64 Namen eröffnet wurde, hat viele Väter und Mütter. Als wir im Jahre 1994 das erste mal mit dem Ansinnen einer öffentlichen namentlichen Erwähnung der Opfer der nationalsozialistischen Gewalt, an die Villacher Öffentlichkeit getreten sind, gab es viele Bedenken und Widerstände. Auch wir selbst waren sehr unsicher. Es gab damals noch keine gewissenhafte Namensforschung. Aber eines war uns – auf Grund der Reaktionen der Öffentlichkeit - klar: Ohne eine öffentliche Diskussion, mit dem Ziel mehr Verständnis für dieses Thema in der Bevölkerung zu erwecken und auch mit dem Ziel selbst dabei zu lernen, ist dieses Projekt nicht umsetzbar. Wir organisierten eine Reihe verschiedener Veranstaltungen zu diesem Thema, wobei es uns auch gelungen ist eine öffentliche Resonanz hervorzurufen. Die entscheidende Veranstaltung, die einen Meinungsumschwung herbeiführte, fand im Mai 1996 statt. Die damalige 6. D Klasse des Peraugymnasiums hat mir ihrem Kunsterzieher Prof. Gernot Gurker ein provisorisches Denkmal der Namen gebaut, das mitten auf dem Villacher Hauptplatz rund um die Dreifaltigkeitssäule installiert wurde. Ein gewagtes Projekt, das ohne Unterstützung des damaligen Direktors Othmar Griesser undenkbar gewesen wäre. Eröffnet wurde das Denkmal vom damaligen Landeshauptmann Christoph Zernatto, es gab Grußworte von Bürgermeister Helmut Manzenreiter und Universitätsprofessor Dr. Peter Gstettner hielt die Ansprache. Ein großes mediales Echo war die Folge. Außerdem kam es zu vielen Gesprächen mit Passanten und Passantinnen, die für uns sehr lehrreich waren.
Ohne dieses provisorische Denkmal am Villacher Hauptplatz gäbe es das »Denkmal der Namen« nicht. In diesem Sinne kann man die 6. D Klasse, Professor Gernot Gurker und Direktor Othmar Griesser vom Peraugymnasium als Mütter und Väter des »Denkmals der Namen« bezeichnen. Noch im selben Jahr hatten wir ein Gespräch mit der damaligen Kulturstadträtin Frau Monika Kircher Kohl, bei welchem sie uns ihre Unterstützung für die Realisierung des »Denkmals der Namen« zusicherte. Ich zitiere aus meiner Erinnerung: „Macht einen Vorschlag wie das Denkmal ausschauen soll. Ich werde das unterstützen und ich werde mich auch bemühen einen geeigneten Platz dafür ausfindig zu machen.“
Es ist auf der Fürsprache und Initiative von Frau Mag. Monika Kircher Kohl zurückzuführen, dass das »Denkmal der« Namen heute auf diesem Platz steht. Wir meinen es ist ein würdiger Platz. In diesem Sinne ist Frau Mag. Monika Kircher Kohl eine Mutter des »Denkmals der Namen«.
Heute stehen wir vor einem neuen Denkmal. Die Initiative dazu ist von Herrn Bürgermeister Helmut Manzenreiter und Herrn Stadtrat Richard Pfeiler ausgegangen. Es ging um die Frage geeignete Maßnahmen gegen die Zerstörungen des Denkmals zu ergreifen. Es stand auch ein völlig neues Denkmal zur Diskussion. Also Neuausschreibung und Künstlerwettbewerb. Nach einem längeren Diskussionsprozess des Vereins Erinnern auch mit Menschen außerhalb unseres Vereins, vor allem mit der Villacher Kulturinitiative kärnöl haben wir uns aber entschieden das ursprünglichen Konzept beizubehalten.
Um der Erweiterung von 115 Namen gerecht zu werden, wurde der Platz vergrößert und dem Anlass entsprechend mit Granit gepflastert. Die Größe des Platzes gestattet auch eine weitere Erweiterung. Alle Glastafeln wurden erneuert und durch splitterfreies Glas ersetzt und die Stahlkonstruktion ist so beschaffen, dass eine beschädigte Glastafel sofort problemlos ausgetauscht werden kann. Damit reagieren wir auf mögliche zukünftige Zerstörungen. Dieses Konzept haben wir dem Herrn Bürgermeister Helmut Manzenreiter und dem zuständigen Stadtrat Herrn Richard Pfeiler präsentiert, die damit einverstanden waren und uns ihre Unterstützung zusicherten und die Baumaßnahmen einleiteten.
Mit Fug und Recht kann man sagen : Die beiden „jüngsten“ Väter des »Denkmals der Namen« sind der Herr Bürgermeister Helmut Manzenreiter und der Herr Stadtrat Richard Pfeiler.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde!
Wir sind der Überzeugung, dass allein durch technische Maßnahmen ein Denkmal nicht zu schützen ist. Jedes Denkmal kann beschädigt werden. Natürlich könnte man es mit einem Stahlgerüst vergittern. Aber das wollen wir nicht, weil so ein vergittertes Denkmal würde der Stadt Villach nicht zur Ehre gereichen. Und das ist auch nicht notwendig, denn dieses Denkmal erfreut sich inzwischen einer großen und zunehmenden Akzeptanz.
Wirklich schützen können wir das Denkmal nur, wenn wir uns alle bemühen es zu verstehen, zu erklären und den Menschen nahe bringen. In diesem Sinne bitte ich vor allem die Villacher Lehrerinnen und Lehrer, von der Volksschule bis zu den höheren Schulen, sich dahingehend zu engagieren. Ich stehe dafür immer zur Verfügung.
Dieses Denkmal ist im hohen Maße ein Denkmal der Schrift. Es ist nicht nur der Name, sondern auch das Geburtsjahr, das Todesjahr und der Todesort eingraviert. Lesen und vergleichen wir das Geburtsjahr mit dem Todesjahr, dann erkennen wir, dass viele Kinder ja sogar Säuglinge von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Es handelt sich in der Mehrzahl um Villacher Sinti.
Beim Betrachten der Todesorte wird eine Topographie des nationalsozialistischen Terrors sichtbar. Wir lesen KZ Dachau, KZ Ravensbrück, aber auch Ghetto von Lodz, NS Tötungsanstalt Hartheim, NS Hinrichtungsstätte Landesgericht Graz oder Vernichtungslager Treblinka, wo Leopold Blau, der ein kleines Geschäft in der Weißbriachgasse besaß, mit Dieselabgasen erstickt wurde, weil er ein Jude war. Das erinnert uns an den Villacher Schriftsteller Werner Kofler und an sein Theaterstück „Cafe Treblinka“. Werner Kofler hat zu mir einmal gesagt: „Weißt du, bei mir fangen die Geschichten in Villach an und sie enden oft in Lublin und in Treblinka“. Es waren die beiden Kärntner Odilo Globočnik und sein Adjudant, der Klagenfurter Kaffeehausbesitzer Ernst Lerch, die damals mit vielen anderen Kärntnern in Lublin waren und unter deren Leitung der Massenmord an den europäischen Juden in den polnischen Vernichtungslagern Belzek, Sobibor und Treblinka organisiert und durchgeführt wurde. Auch viele Villacher Sinti wurden damals, wie wir heute wissen, in diesen Lagern ermordet. Dieses Kapitel unserer Geschichte, - in der historischen Literatur als „Aktion Reinhard“ bezeichnet – wird in den österreichischen Schulen kaum bis überhaupt nicht vermittelt.
So erzählt uns dieses »Denkmal der Namen« viele Geschichten, wenn wir davor verweilen und die Inschriften betrachten. Lesen wir diese Geschichten und hören wir ihnen zu, als Ausdruck einer würdevollen und gelebten Erinnerungskultur unserer Stadt.
Danke – hvala lepa