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2008-10-19 KUNST als KAPITAL als KUNST als KAPITAL Teil I Sonja Franz Im 19.Jahrhundert galten die Künstler als aufbäumender Gegenentwurf zum Unternehmertum und seinen bürgerlichen Moralvorstellungen. New-Age-Artige Managementphilosophien des „Heutes“ orientieren sich an Idealen und Schlagwörtern wie Flexibilität und Kreativität. Lieblingswörter wie Innovation und Individualität paaren sich mit Autonomie und persönlichen Engagement. Der Künstler wird zum Prototyp des flexiblen und kreativen Arbeitnehmers. Galt die Kunst als exotisches Gegenmodell zur abhängigen Erwerbsarbeit, so zu sagen als Reich der Freiheit, im Gegensatz zum Reich der Notwendigkeit, so entwickelt sie sich mehr und mehr zur völlig verlorenen ICH-AG, im Einzelkämpfertum, zum Ideal einer Welt, wo lebenslanges Lernen/Schaffen propagiert wird. Am Beispiel Frankreich hat sich zwischen 1987 und 2000 die Zahl der Künstler mehr als verdoppelt. Eine paradoxe Lage? der Markt schreit einerseits nach neuen Künstlern und ihren Produkten, andererseits drängt er Künstler ins Abseits. Die anerkannte Vermarktung von Kunst als PRODUKT, impliziert ein weniger kritisches Urteil über das Werk und deren Inhalt an sich. Das Werk erhält seine Sinnhaftigkeit und Berechtigung erst durch den Preis, welcher am Markt erzielt werden kann, je höher der Preis, umso mehr Kunst ist drinnen und somit mehr Sicherheit für den Käufer. Die Käufer begeben sich lieber in die Obhut von Galeristen und Kunsthändlern, da Sie sich selbst kein Urteil über die Kunst zumuten wollen oder können. Diese Entwicklung führte einerseits zu Kunstkonsumenten, Kunst wird konsumiert, dient als Wertanlage etc. und andererseits steht eine völlig ratlose Kunstszene vor der großen Frage: WAS IST KUNST? Durch die Käuflichkeit Ihrer Kunst und durch den Ausverkauf und die Ausschlachtung Ihrer Werke im Sinne einer neuartigen Marketinginszenierten Eventkultur, bleibt den Künstlern nur mehr die Unsicherheit Ihrem eigenen Werke gegenüber.
Jene Künstler, welche nicht von der Vermarktung Ihrer Kunst leben könne oder wollen werden zurück gedrängt und gelten als No Names und sind nicht einordenbar. Durch Ihre nicht Präsents am Markt sind sie als Kunstschaffende nicht erwähnenswert und werden auch gerne als so genannte Hobby-Künstler bezeichnet, oder werden gar als missraten Subjekte dargestellt, welche halt einfach nicht ernsthaft genug Kunst „produziert“ haben und es deshalb nicht „geschafft“ haben. In diesem Sinne möchte ich Euch einige Künstler vorstellen, welche sich freiwillig oder unfreiwillig, einige noch voller Hoffnung, den Kunstmarkt stellen oder verweigern und das mit vollen Körpereinsatz, ja, sogar bis zum Tode. Ich möchte mit der im heurigen Jahr verstorbenen Künstlerin Sonja Franz beginnen(weitere Künstler/innen folgen noch): wer war sonja franz?
Sonja Franz 1958-2008: ein schrilles und schillerndes persönchen. klein und kurvig. auffällig gekleidet. ein wandelndes kunstwerk alla vivienne westwood. sonja bestach nicht nur mit ihren künstlerischen arbeiten, sie selbst war schlicht weg das kunstwerk. wie ein bunter paradiesvogel landete sie eines tages auf graufaden und tristen klagenfurter boden. sie hauchte uns verschlafenen kleingeistern lebensfreude und unbeschwertheit ein. sie hatte ein mundwerk, damit konnte sie ganze abende füllen, sie war mutig und nichts schien für sie unmöglich zu sein. sie lebte ein buntes vagabundenDasein mit einer vorliebe zu außergewöhnlichen kleidern und einer unbestrittenen sammlerleidenschaft. eine rebellin, die sich im rebellentum verlor und sich in einem system, gelenkt von materialistischen wertigkeite nicht unterwerfen wollte. durch dauernden und akuten geldmangel war sie eine gejagte des kapitalistischen systems. so agierte sie, so lebte sie, was kostet der tag, was kostet morgen, was kostet die welt, sie lebte im jetzt und war darin verloren.
um so höher um so besser.
sonja war eine unbeschreiblich weibliche künstlerin, so sehr sie sich auch bemühte stark und männlich aufzutreten, so sehr kämpfte sie bewusst und unbewusst für ihre fraulichkeit. sonja, eine kämpferische amazone im oberflächlichen verlogenen „pseudo-gender“ des 21. jahrhunderts, eine vorreiterin von einer selbstbewußten frau, gehüllt und bemalt in einer sehr verletzbaren kriegsbemalung. diana wolschner im gespräch mit sonja franz
Mark Twain, 2009-04-09, Nr. 4441 Es ist besser ein junger Spatz zu sein als ein alter Paradiesvogel. disco music, 2009-04-10, Nr. 4442 nobody remains eternally youngly not even a young sparrow. seriousless, 2009-04-10, Nr. 4443 it's the souls that remain, eternally young in their endeavor to grow older - and wiser. disco music, 2009-04-13, Nr. 4445 klar.
Sybille Uitz, 2012-08-28, Nr. 5703 Ein kurzer Nachruf-
unbekannt, 2019-05-03, Nr. 6558 KUNST = Mensch = Kreativität = Freiheit
Kunstliebe, 2024-02-08, Nr. 6608 Immer in meinen Gedanken, Sonja.
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