2008-10-10
Keine Wahl des 'Olympia'-Burschenschafters Graf zum Dritten Nationalratspräsidenten!
PRESSEAUSSENDUNG
Mit einem Offenen Brief haben sich jetzt das Mauthausen Komitee Österreich
(MKÖ) und die Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen (ÖLM) an die
Parteivorsitzenden und Klubobleute von SPÖ, ÖVP und Grünen gewandt. Namens
der Mauthausen-Überlebenden richten sie an die drei Parteien den dringenden
Appell, den FPÖ-Abgeordneten Martin Graf nicht zum Dritten
Nationalratspräsidenten zu wählen. Begründung: Graf gehört der
rechtsextremen Burschenschaft „Olympia“ an und hat ein fragwürdiges
Verhältnis zum Nationalsozialismus. Das macht ihn für eines der höchsten
Staatsämter völlig ungeeignet.
In dem von MKÖ-Bundesvorsitzenden Willi Mernyi und Mauthausen-Überlebenden
Hans Marsalek unterzeichneten Schreiben an SPÖ, ÖVP und Grüne heißt es:
„Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem ANR-Erkenntnis (1985) Folgendes
festgestellt: „Die kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein
grundlegendes Merkmal der wiedererstandenen Republik. Ausnahmslos jede
Staatstätigkeit hat sich daran zu orientieren.“ Daraus ergibt sich zwingend,
dass nur solche Personen Staatsämter – und erst recht die höchsten –
einnehmen sollen, die selbst den Nationalsozialismus kompromisslos ablehnen.
Von einer solchen Ablehnung des Nationalsozialismus kann bei Dr. Martin
Graf, den die FPÖ für die Wahl zum Dritten Nationalratspräsidenten
vorgeschlagen hat, keine Rede sein.
Graf ist „Alter Herr“ der Burschenschaft „Olympia“, die eine mehr als
hundertjährige deutschnationale und antisemitische Tradition hat. Laut
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes war sie bald nach dem
Zweiten Weltkrieg ein „Zentrum des Rechtsextremismus“. 1961 wurde die
Burschenschaft wegen ihrer Verwicklung in den Südtirol-Terror behördlich
aufgelöst, 1973 wiedergegründet.
Mitglied der „Olympia“ war auch der Begründer und Bundessprecher der 1988
wegen NS-Wiederbetätigung aufgelösten NDP, Dr. Norbert Burger. Graf über
Burger: „Ich habe Norbert Burger immer geschätzt und tue das auch über
seinen Tod hinaus.“ Auf dem Burschentag 1991 in Eisenach fiel die „Olympia“
durch ihre Forderung nach geeigneten Maßnahmen zur sofortigen Beendigung der
„Unterwanderung des deutschen Volkskörpers durch Ausländer“ auf. Als die
„Olympia“ den Vorsitz im Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ übernahm,
traten gemäßigtere Verbindungen deshalb aus.
Am 25. Jänner 2003 sang der deutsche Rechtsextremist Michael Müller bei
einem „nationalen Liederabend“ der „Olympia“: „Mit sechs Millionen Juden, da
fängt der Spaß erst an, mit sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an ...
Wir haben reichlich Zyklon B ... Mit sechs Millionen Juden, da ist noch
lange nicht Schluss.“ Graf behauptete, er habe an der Veranstaltung nicht
teilgenommen.
Was hält Graf von der europäischen Friedensordnung? Originalzitat: "Die
heutigen Staatsgrenzen wurden willkürlich gezogen; das deutsche Volkstum
muss sich frei in Europa entfalten können." („Der Spiegel“ 24/1997, Seite
54)
Und wie steht Graf zum NS-Verbotsgesetz? Originalzitat: “Es muss in einer
demokratischen Welt zulässig sein, ein Gesetz, das die Meinungsfreiheit und
die politische Tätigkeit einschränkt, zu kritisieren.” („Format“ 21/2000,
Seite 50) Wohl gemerkt: Es geht um die Meinungsfreiheit und die politische
Tätigkeit von Neonazis und Holocaust-Leugnern!
Als jemand, der seit Jahrzehnten einer rechtsextremen Vereinigung angehört
und auch durch eigene Äußerungen gezeigt hat, dass sein Verhältnis zum
Nationalsozialismus zumindest ungeklärt ist, fehlt Dr. Martin Graf die
wichtigste Voraussetzung für die Funktion eines Nationalratspräsidenten:
eine unzweifelhafte demokratische Gesinnung. Niemand wird im Ernst glauben,
dass sich dieser Mangel durch einige Gespräche und vielleicht ein
Lippenbekenntnis von Graf beheben lässt.
Namens der Überlebenden des KZ Mauthausen richten das Mauthausen Komitee
Österreich (MKÖ) und die Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen (ÖLM)
an Sie und die Nationalratsabgeordneten Ihrer Partei den dringenden Appell,
Dr. Martin Graf nicht zum Dritten Nationalratspräsidenten zu wählen! Wir
sehen Ihrer Antwort mit Interesse entgegen.“