2008-03-08
Wasser: Nur eine Gruselgeschichte?
Klimawandel und eine nicht nachhaltige Landwirtschaft sind Faktoren, die zu steigenden Wasserpreisen führen werden. Damit steigen auch Begehrlichkeiten und die Rentabilität des Wassertransports über größere Distanzen. All das in Kombination mit einer EU-Politik, die auf eine „Offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb" setzt. Dies sind Tatsachen, vor denen wir nicht die Augen verschließen sollten.
Eine Antwort auf einen Beitrag von Stefan Winkler (siehe Kasten).
Stefan WINKLER
Die Gruselgeschichte vom Wasserraub.
Ein EU-Mythos und seine Realität: Sauberes Trinkwasser ist auch in Europa Mangelware.
Eines der Schauermärchen, das die Gegner des EU-Vertrags derzeit verbreiten, ist das vom „Wasserraub“. Demnach trachteten Brüsseler Bürokratenzirkel danach, Österreich die Verfügung über sein Wasser zu nehmen, um dieses über Pipelines nach Spanien zu pumpen.
Das ist natürlich Unfug. Abgesehen davon, dass jeder Experte bestätigen kann, dass das Wasser kaputt wäre, ehe es ankäme, stärkt der Reformvertrag im Gegenteil sogar die Gemeinden als lokale Daseinsvorsorger. Unser Wasser bleibt rot-weiß-rot, solange es die Regierung in Wien so will.
So wie alle Mythen hat aber auch diese Schreckgeschichte einen wahren Kern: Andere Länder blicken voll Neid auf Österreichs Wasserreichtum und -güte. ...
Kleine Zeitung vom 4.2.08
Das Schauermärchen vom Bau von Wasserpipelines bis zu den Ölscheichs im Vorderen Orient ist weniger absurd als man denkt, denn dass Brüssel Millionen von Steuer-Euro in die Erforschung von Mythen und Märchen investiert, scheint eher unwahrscheinlich.
Der spanische Abgeordnete Juan de Dios Izquierdo-Collado schlug schon 1998 vor, natürliche Wasserressourcen in der Europäischen Gemeinschaft von wasserreichen in wasserarme Gebiete umzuverteilen. Seinem Entschließungsantrag über die «technische Realisierbarkeit transeuropäischer Wassernetze» wurde im EU-Parlament zugestimmt.
Inzwischen ist eine riesige Wasserleitung, der „Rhone-Barcelona Aqueduct" über 330 km von Arles nach Barcelona für eine Transfermenge von 15m³/sec (1.300.000 m³ pro Tag) projektiert. Dahinter steht die französische Firma BRL.
Außerdem wurden in der vergangenen Zeit in Brüssel verschiedene wichtige Dokumente veröffentlicht, die für die Thematik einer möglichen Liberalisierung der Wasserdienstleistungen in Europa von Interesse sind. Solche Dokumente sind z.B. die WRc-Ecologic Studie zur Anwendbarkeit des europäischen Wettbewerbrechts auf den Wassersektor, das Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sowie die EU-Binnenmarktstrategie 2003-2006. Das Projekt EUROMARKET untersucht die Möglichkeiten zur Liberalisierung und Privatisierung von Wasserdienstleistungen in Europa und zeigt Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung auf.
Besondere Bedeutung erhalten diese Umstände im Zusammenhang mit verschiedensten Versuchen gemeinschaftlicher Bewirtschaftung der Wasserressourcen auf EU-Ebene, wie sie durch den Artikel 130s des noch geltenden EU - Vertrages vorgesehen sind. Vor allem die derzeit in der Kommission in Behandlung stehende Entschließung des Europäischen Parlaments, in der im wesentlichen eine „Umverteilung der Wasserressourcen” von wasserreichen auf wasserarme Länder durch ein transeuropäisches Wassernetz gefordert wird, macht deutlich, dass es letztendlich zu einem „Abschöpfen” einer der wichtigsten Naturressourcen Österreichs kommen könnte, obwohl dies der § 105 Abs. 1 lit. k WRG 1959 untersagt. (Dazu Josef Schilcher,
Wasserversorgung - Privatisierung in Österreich)
Solang in der Kommission in dieser Frage das Prinzip der Einstimmigkeit herrscht, kann Österreich nicht überstimmt werden. Aber bekanntlich wird heftig daran gearbeitet, das Einstimmigkeitsprinzip zu Fall zu bringen. Und dann sieht die Sache ganz anders aus. Der Transitverkehr hat uns vor Augen geführt, was dann passiert.
Außerdem haben österreichische Regierungen – egal ob rot oder blau-schwarz – gegenüber der EU immer devotest agiert. Da ist die Sorge mehr als berechtigt, dass sie sich auch in der Wasser-Frage als Umfaller erweisen.
Dazu kommt, dass die öffentliche Hand auf allen Ebenen unter enormen Druck ist, alles, was nicht niet- und nagelfest ist, zu Geld zu machen: Der Steuerwettbewerb (bei den Steuern auf Kapital und Einkommen aus Vermögen!) nach unten geht ungehemmt weiter, womit der Druck auf Privatisierungen immer weiter zunimmt!
Dass man in Brüssel zweifellos an einen gigantischen – natürlich privatisierten – «Wassermarkt», an «freien Verkehr» des «blauen Goldes», ans Abzapfen denkt, ist unbestritten. Wer das nicht zugibt, versucht die Bürger/innen zu täuschen.