2007-05-18
Sehr dicht
Rezension
Fast permanent sehr “dicht” sind die jungen und nicht mehr ganz so extrem jungen Männer im neuesten von Andrej Leben ins Deutsche übersetzten Roman des slowenischen schwulen KultautorsBrane Mozetič. Dicht, breit, weich; bedröhnt sowohl von Musik als auch Tabletten. Viel Ekstasy, ein bisschen Koks und Gras und hie und da das gute alte LSD sind die ständige Begleitung der Protagonisten. Ohne nennenswerte Problem mit der Beschaffung oder der Polizei segeln sie durchs Leben. Die Drogenszene ist ja nach wie vor relativ eingeschlechtlich organisiert: ein loses Netzwerk aus Cliquen, in denen sexuelle Orientierungen einigermaßen relaxed neben einander existieren und manchmal beachtliche Unschärfen aufweisen. So auch im Fall des aus einer nach Slowenien eingewanderten indischen Familie stammenden 19-jährigen Arjun. An seiner Identität als Hetero nicht den geringsten Zweifel aufkommen lassend, schließt er sich langfristig dem Schwulenpaar Bojan und Tim an. Für gemeinsame Parties, Trips und Sex.
Das ist die Geschichte, die Brane Mozetič - in eine gekonnt konstruierte Rahmenhandlung gebettet - erzählt: In Tagebuchform, über den Zeitraum von eineinhalb Jahren hinweg; von Rave zu Rave, von einer Dreitgesparty zur nächsten. Mit viel O-Tönen und einer erschreckend-faszinierend authentischen Wiedergabe der “Coolness” einer entspannt und fatalistisch aus dem “stressigen”, “nervenden” Alltag wegdriftenden ganzen Generation der post-politischen und post-bewegten Ära im Europa des jungen 21. Jahrhunderts.
Brane Mozetič: "die verlorene geschichte". Roman. Übersetzt von Andrej Leben. Sisyphus Verlag, Klagenfurt 2006
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin
erschienen in "Lambda Nachrichten" - Zeitschrift der Hosi Wien, nr. 1/2007, auf Seite 32