2006-01-14
Endstation Alterslos
Performance im soziokulturellen Raum
Im Namen von kärnöl heiße ich sie zur heutigen Veranstaltung „Endstation Alterslos – Performance im soziokulturellen Raum“ von Andrea Latritsch-Karlbauer herzlich willkommen.
Schon mit ihrem international anerkannten Theaterprojekt „Nanu“ hat sie immer wieder Themen aufgegriffen, vor denen wir nur zu gerne unsere Augen verschließen oder einfach wegschauen.
Transformierte sie bis 2003 noch ihre oft außergewöhnlichen Inhalte mittels des künstlerischen Ausdrucksmediums Theater auf die Bühne, so konfrontiert sie uns heute mit diesen in alltäglichen soziokulturellen Räumen.
Als Performerin und Regisseurin lädt sie den Besucher mit dem „Erwerb einer Busfahrkarte, der Eintrittskarte für ein Altersheim oder für eine Tagesheimstätte für psychisch kranke Menschen“ ein, sich auf der Bühne der Realität mit den ökosomatischen Auswirkungen der kapitalistischen Gesellschaftsstruktur auseinanderzusetzen. Während der mit Betroffenen aufgeführten Inszenierung wird mein hilfloses Lächeln zur aufgewärmten „Instand Nudelsuppe“, geglaubte Träume zu billigen Seifenblasen, der bürgerliche Mittelpunkt zum haltlosen Rand.
Mit ihren Ausführungen – so die Wortbedeutung von Performance, nach Duden, Deutsches Universal Wörterbuch, 1983 - im soziokulturellen Raum entlarvt sie diesen und die derzeit damit verbundene alles beherrschende „Event-Kunst“ als Benthamsch´es Panoptikum.
In der nationalsozialistischen Terminologie sah man in "Asozialen" einen Personenkreis, die "das Leben der Volksgemeinschaft störten". Damals wurden sie aus ihren ursprünglichen soziokulturellen Räumen in Konzentrationslagern deportiert. Heute werden sie zur Erhaltung der Produktivitätsmoral der Bevölkerung in Seniorenresidenzen und Sanatorien verwahrt. Und wir schauen weg.
Frau/Mann könnte bzw. dürfte das Motto der heutige kärnöl – Veranstaltung aber durchaus auch als Einstimmung auf die kommende internationale Performance - „Endstation Arbeitslos oder bis der Tod uns von der Arbeit trennt“ - in Villach betrachten.
Während 200 EU Arbeits- und Sozialpolitikerinnen „Tartar vom Bachsaibling, Tafelspitz, Minestrone, Gibanicia und 200 Kärntner Reindlinge“ (siehe Kleine Zeitung, 3. Jänner, 2006, Seite 22) in einem mit Waffen verteidigten liberalkapitalistischen Raum verzehren werden, wird eine Stadt, ihr soziokultureller Raum, ihre tätige Bevölkerung zu „potentialen Asozialen, die das Leben der EU-Wirtschaftsgemeinschaft stören könnten“, degradiert und vom gemeinsamen Genuss des Überflusses ausgeschlossen.
„Wir - die EU Arbeits- und Sozialpolitikerinnen - schauen weg, denn was wir nicht sehen, ist nicht da und somit gibt's keine Randgruppen“.
Wir hier im Cafe Platzl - dem sozialemanzipatorischen Gastraum von kärnöl – schauen nicht weg, wir sind neugierig auf den multimedialen Querschnitt und den Einblick in das aktuelle Tätigsein von Andrea Latritsch-Karlbauer.