Nächsten Mittwoch, dem 7. Dezember präsentiert Engelbert Obernosterer sein gerade im kitab-Verlag erschienenes Buch Mythos Lesachtal bei kärnöl im Cafe Platzl, Villach Freihausgasse. Der von Wolfgang Schuh reich bebilderte Band liefert eine intensive aber auch kritische Auseinandersetzung mit Kärntens abgeschiedenstem Tal.
Gern zeigt man in Bildbänden und Filmen über das enge, hochgelegene Tal, was sich der von der Zivilisation enttäuschte Städter erwartet: intakte Natur, ungestörte Idylle, gesundes, markiges Bauernleben, beruhend auf den alten Werten und ins Mythische zurück führende Traditionen, kurz: die heile Welt. Die Nachfrage verlangt es so, die Realität sieht jedoch anders aus.
Das Tal kippt: vom Magischen ins Technische. Der Bauer, der einst dem Boden Erträge ablistete, wird zum landwirtschaftlichen Produktionstechniker. Hatten die Altvorderen die Naturvorgänge beobachten müssen, um überleben zu können, so müssen die Ökonomen des 21. Jahrhunderts in erster Linie die EU-Richtlinien beachten. Tier und Landschaft werden zu Waren; in denselben Sog gerät auch der Mensch samt seiner Kultur. Was als erschaudern machender Ritus begonnen hatte, endet in Folklore und Werbung.
Einiges an Unverkäuflichkeit bleibt trotzdem erhalten. Der Fotograf hat sich gewissenhaft bemüht, der Falle des Gefälligen auszuweichen, um dafür das zu suchen, was vor dem immer schöner werdenden Tal war. Strukturell stellen die meisten Bilder das Kippen einer stummen unwirschen Welt zu einer beredten und brauchbaren dar.
Den literarischen Zugang in die mythische Dimension bahnt der im Tal geborene Schriftsteller Engelbert Obernosterer mit sehr persönlichen Texten. Im Ganzen handelt es sich um einen Versuch, einer Gegend gerecht zu werden, indem man auch ein paar ihrer anderen Seiten zeigt. MYTHOS LESACHTAL ist keine Beschreibung oder Geschichte einer Region Kärntens – es handelt sich um das Paradigma eines Umbruches, der sich in zahlreichen Tälern der Alpen, Pyrenäen, Anden vollzieht.
Textauszug: Immer schon haben hier die Mädchen versucht, von den Berghängen herab zur Straße zu heiraten, nichts wie herab aus dem Steilen, heraus aus Stallgeruch und miefigen Keuschen und hinein in die Dan-Küche eines Postschofförs. Zu Füßen ihres efeuumrankten Hausgärtlein steht soeben eine, die es geschafft hat. Sie wird heute jäten, das heißt, das Unschöne und Unnütze aus dem Blickfeld entfernen. Damit ihre Hände nicht schmutzig werden, zieht sie sich Gummihandschuhe über, grüne.
Über den Autor
Engelbert Obernosterer wurde 1936 in St. Lorenzen im Lesachtal/Kärnten als jüngstes von sieben Kindern eines Bergbauern geboren. Er besuchte das Internatsgymnasium in Tanzenberg bei Klagenfurt. Nach dem Studium der Germanistik und Geschichte in Wien arbeitete er ab 1965 als Volks- und Hauptschullehrer, ab 1975 Kunsterzieher in Hermagor im Gailtal. 1974 erhielt er den Förderungspreis des Landes Kärnten für Literatur, 1977 das österr. Staatsstipen-dium für Literatur. 1975 erschien sein Heimatroman „Ortsbestimmung“ (Wien-München), 1980 der aus Kurzgeschichten zusammengesetzte Roman "Der senkrechte Kilometer. Studien zum Landleben" , 1988 "Der Zaun der Welt" (2. Aufl. 1991), 1990 der Roman "Die Bewirtschaftung des Herrn R." und 1993 der Roman "Verlandungen". Er emanzipierte sich von der bäuerlichen Lebensweise und reflektierte deren Lebensform in seinen Werken. In die Kategorie der kritischen 2Heimatliteratur" fällt auch das Buch "Vom Ende der Steinhocker" (1998) sowie "Grün. Eine Verstrickung" (2001). Bei kitab erschienen: "Die Mäher und die Grasausreißer", Klagenfurt 2002 (ISBN 3902005157), "Bodenproben. Miniaturen I", Klagenfurt 2003 (ISBN 3902005246) und "Paolo Santonino. Ein Sittenbild in 5 Aufzügen", Klagenfurt 2004 (ISBN 390200536X).