2005-10-15
BILLIGFLUG – mit ultimativem Kick
Trotz der horrenden Ölpreise und des 100 Milliarden Euro Umsatzes der ÖMV ist die Reiselust von Herrn und Frau Österreicher ungebrochen.
War in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrtausends Bibione noch Exotik, Grado ein Paradies, Lignano eine andere Welt und alle sagten: „Oh, das Meer!“, sind heutzutage Destinationen in die dritte und vierte Welt gefragt. Unter dem Motto „Geh´ma Orme schaun“ sind Tangoworkshops mit anschließender Führung unter Polizeischutz in die Armenviertel von Buenos Aries der Renner der Saison. Und alle sagen: „Oh, das Elend!“
In ihrem Zyklus „BILLIGFLUG – mit ultimativem Kick“ thematisiert Erika Stengl die entfremdete Reisekultur unserer ökopathischen Gesellschaft mittels übermalten Postkarten mit dazugehörigen Informationstafeln.
Durch die formale Reduzierung und Beschränkung auf assoziierte Grundfarben des jeweiligen Reiseziels abstrahiert Erika Stengel den an sich schon Abstrakten Charakters des Reisefetisches Ansichtskarte und verstärkt diesen noch indem sie diese in der Tradition der katholischen Reliquienverehrung hinter Plexiglas geschützt präsentiert. Auch die dazugehörigen Informationen – wahrgenommene Augenblicke, Lebensgeschichten, Schicksale, Begegnungen, letztlich Realität – werden, auf Zahlen und Fakten reduziert, auf der Rückseite von Metalltafeln konserviert – ähnlich der derzeit vorherrschende Kunsthistorischen und Kulturpolitischen Lehrbuchinterpretation.
Wie es sich für unsere soziopathische Reisekultur gehört wird sie Erika Stengl heute Abend nicht nur mit visuellen Eindrücken verwirren sondern wird selbstverständlich auch ihre auditive Wahrnehmung irritieren.
Im Gedenken an die am 11. Juli 2002 in Wien verstorbene Ernestine Geisbiegler hören sie Attwenger, und Ernie Bieler – so der Künstlernamen von Ernestine Geisbiegler. Ihre Liebe galt dem Jazz, doch war sie der leichten Unterhaltungsmusik nie abgeneigt. Mit „Eine Reise ins Glück“ wurde sie die unumstrittene Nummer 1 im österreichischen Schlager der frühen 50er Jahre
Ob Kabul, Lhasa, Bogota oder Jerusalem, der BILLIGFLUG mit Erika Stengl ist keine „Reise ins Glück“ nur ein Perspektivenwechsel – das tägliche Brot der Kunst.
Kunstzeit
Wünscht Ihnen kärnöl