2004-12-08
Gedenkveranstaltung zum Judenpogrom vom November 1938
Pianist Paul Gulda spielte in Villach
Seit dem Jahre 1996 organisiert der Verein „Erinnern-Villach“ alljährlich eine Gedenkveranstaltung, um an die Reichspogromnacht November 1938 zu erinnern. Mit Unterstützung des Evangelischen Pfarramtes Villach, des Bundes Sozialdemokratischer AkademikerInnen, des KZ-Verbandes und der Kulturinitiative kärnöl fand am Abend des 11. November, ein Gedenkkonzert in der Evangelischen Kirche. Der Pianist Paul Gulda spielte Johann Sebastian Bach. Unter den zahlreichen Besuchern konnte Pfarrerin Verena Groh auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens begrüßen.
In ihrer Ansprache vor dem Konzert erinnerte Verena Groh die Anwesenden, dass es in den besagten Novembertagen auch in Villach zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen Jüdinnen und Juden und deren Eigentum gekommen war: „Zerstörung von Besitz, Enteignung und tätliche Attacken prägten das Bild jener Tage. Erstmals wurde vielen Villachern die Brutalität des NS-Regimes direkt vor Augen geführt. Es waren nicht die zerbrochenen Scherben, die betrauert werden mussten, wie das durch die Verwendung des verharmlosenden Ausdrucks „Kristallnacht“ angedeutet werden soll, sondern es war der Zivilisationsbruch, der Bruch mit den elementarsten Menschenrechten, die das NS-Regime endgültig außerhalb der zivilisierten Gesellschaft stellte“. Zum Schluss sprach Verena Groh, im Gedenken an die kürzlich verstorbene Chris Fiebig, Synagogenvorsteherin in der Kultusgemeinde Bamberg, die auch für das Gebiet Kärnten zuständig war, den Kaddisch in hebräischer Sprache. Frau Chris Fiebig hat auch in Kärnten mit ihrer versöhnenden Art sehr viel zum Dialog und zur Erinnerungsarbeit beigetragen.
Das unmittelbar daran anschließende Konzert beeindruckte die Anwesenden. Paul Gulda spielte acht Fugen mit den dazugehörigen Präludien aus dem Wohltemperierten Klavier und eine Französische Suite in G-Dur von Johann Sebastian Bach. Die musikalische Darbietung eines Gedichtes von Susanne Rabinovici, der Mutter des Schriftstellers Doron Rabinovici, stellte einen Höhepunkt des Abends dar. Susanne Rabinovici schrieb dieses Gedicht, das die Sehnsucht nach ihren Vater zum Inhalt hat, als zehnjähriges Mädchen im Ghetto von Vilnius. Paul Gulda hat es vertont und selbst vorgetragen.
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