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2003-11-26 Zum Ersten, zum Zweiten ... und zum Dritten! Wie die öffentliche Daseinsvorsorge für private InvestorInnen aufbereitet wird Kaum jemand kennt sie – die Welthandelsorganisation (WTO). Ein Fehler, denn in dieser mächtigen Organisation werden Gesetze ausverhandelt, die – wenn sie einmal beschlossen sind – über der Verfassung der einzelnen Länder stehen und massive Auswirkungen bis in jede Gemeinde haben. So wird derzeit von mächtigen Lobbys versucht, das Feld der Dienstleistungen für private InvestorInnen aufzubereiten: Bildung, Wasserversorgung, Gesundheitsversor-gung, öffentlicher Verkehr, ... all das soll so funktionieren, dass daraus Gewinne abgeschöpft werden können. Der Name dieses Abkommens, über das die „Liberalisierung“, also die juristische Festschreibung der Vermarktwirt-schaftlichung aller Lebensbereiche, durchgesetzt werden soll: „Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen“ – auf englisch abgekürzt GATS. Was heißt eigentlich „Liberalisierung“? Um die Schärfe der Auseinandersetzungen zu verstehen, muss man sich den Begriff "Liberalisierung" genauer anse-hen JedeR von uns verbindet ja mit Liberalismus etwas Gutes - mehr Wahlfreiheit, mehr Handlungsoptionen .... Ganz etwas anderes gemeint ist aber mit der ökonomischen Liberalisierung, wie sie über das oben erwähnte GATS und andere diverse Abkommen zur Durchsetzung der Globalisierung daherkommt. Da bedeutet Liberalisierung die zwangsweise, de facto unumkehrbare Durchsetzung eines ungebremsten Konkurrenzmodells - nur der betriebswirt-schaftlich Stärkere soll zum Zug kommen. Eine bevorzugte Behandlung von Schwächeren (etwa Entwicklungslän-dern) ist dann verboten, weil sie nach diesem Modell eine „Diskriminierung“ der ökonomisch Stärkeren [!] darstel-len würde. Ebenso wird nach diesem Weltbild eine öffentliche Daseinsvorsorge (Bildung, Gesundheit, Wasserversorgung) gleichgestellt mit einer profitorientierten Erbringung von Dienstleistungen, ihre Finanzierung würde zur – verbote-nen, weil den Markt verzerrenden – Subventionierung. Kritiker und Kritikerinnen dieser Art von Globalisierung stellen diesen Entwicklungen den Slogan entgegen: „Die Welt ist keine Ware!“ Folgen von Privatisierung Im Falle der Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge drohen den BenützerInnen und Beschäftigten dramatische Verschlechterungen: steigende Preise, sinkende Qualität, Ausschluss von sozial Schwa-chen aus der Versorgung, schlechtere Arbeitsbedingungen etc. Auf Seiten der Betreiber von Dienstleistungen kommt es bei einer Vermarktwirtschaftlichung zur Verschiebung der Motive: Die erfassten Bereiche sollten möglichst „boomen“. Was das bedeutet, zeigt ein Vergleich USA-Österreich im Gesundheitsbereich: Während bei uns praktisch alle Menschen auf hohem Niveau krankenversichert sind und dies um die 9% des volkswirtschaftlichen Kuchens kostet, haben die USA ein weitgehend privatisiertes Gesund-heitssystem. Dieses ist teurer (über 13% de BIP) und trotzdem sind zig Millionen Menschen aus der Gesundheits-versorgung ausgeschlossen. Dies zeige, so die KritikerInnen des GATS, dass betriebswirtschaftliche Effizienz nichts mit volkswirtschaftlicher Effizienz zu tun habe. Alles nur Panikmache? Die Verhandlungen zum Dienstleistungsabkommen GATS beinhalten in letzter Konsequenz alle öffentlichen Dienstleistungen wie Wasserversorgung, Bildung, Gesundheit oder öffentlicher Verkehr. Dies wird von den Verhandlern – auch den österreichischen – immer wieder bestritten. Ihr Argument: Jeder Staat könne bestimmen, welche Bereiche „liberalisiert“ würden. Sehr wohl steht auch die öffentliche Daseinsvorsorge zur Liberalisierung an, meinen dagegen die KritikerInnen des GATS. Denn der Gültigkeitsbereich des GATS umfasse alle Dienstleistungen außer denjenigen, die alleine durch den Staat und das ausschließlich zu nicht kommerziellen Gründen erbracht werden würden. Solche Bereiche gebe es aber zumindest in Österreich praktisch nicht. Selbst in unserem weitgehend öffentlichen Gesundheitssystem gibt es auch private Anbieter etwa bei Sanatorien. Dazu Dietmar Samnitz vom ÖGB-.Kärnten: „Explizit ausgenommen sind zwar im Moment die Pflichtversicherungen bei den Krankenkassen – aber der Gag ist ja, dass unsere Regierung immer wieder den Willen zur Umwandlung des Systems der Pflichtversicherung in eines der Versicherungspflicht bekundet hat. Dann aber haben wir einen Markt und dann gilt früher oder später auch das GATS mit seinen Gebo-ten.“ Gerda Sichrowsky von der ÖH-Klagenfurt sieht sich in der Kritik am GATS bestätigt: „Aus den USA müssen wir erfahren, dass die EU die „Liberalisierung“ der Wasserversorgung fordere – und bei uns tut man so, als wolle man die Konzerne aus dem Wasserbereich draußen halten. Aber so läuft’s sicher nicht – wenn wir von den anderen den Marktzugang haben wollen, dann müssen wir den umgekehrt auch den anderen gewähren. Was droht, ist ein BIG Deal. Privatisierung von Wasser gegen Privatisierung von Wasser, oder aber – was für uns von der ÖH von beson-derer Bedeutung ist, z.B. die Privatisierung von Wasser gegen die Privatisierung von Bildung!.“ Die STOPP-GATS-Kampagne fordert daher ein Ende der Geheimdiplomatie, einen Stopp der Verhandlungen, eine Auswertung der Folgen der bisherigen Privatisierungen und eine Verbesserung der öffentlichen Dienste!
Mehr Infos auf:
Gilbert Karasek, 2003-11-26, Nr. 751 Wenn es nach den GATS- Rechten geht, dann darf der Staat keine soziale Verantwortung mehr für seine Not leidenden Mitmenschen tragen. Das Recht der Kinder auf Bildung und Gesundheit ist nach GATS Recht kein Menschenrecht mehr, sondern bloß eine Frage seiner persönlichen Geldmitteln. Altersheime für mittellose Menschen, die kein Dach über den Kopf haben und sich nicht mehr selbst pflegen können, Schulen, die einkommensschwache Kinder unterrichten, Heime die Waisenkinder ein Zuhause geben, Wasser, das kostenlos an Verdurstenden verteilt wird, dass alles ist laut GATS wettbewerbsverzehrend und daher verboten. Nach dem GATS Recht hat der profitorientierte Wettbewerb, absoluten Vorrang vor den Grundbedürfnissen der Menschen. Dabei sind die Richtlinien der Weltorganisation GATS und WTO dramatisch genug, denn gerade durch die Umsetzung ihrer Regeln, verhungern monatlich 110 tausend Menschen, davon sind 70 tausend Kinder betroffen.
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