2012-12-07
TEXTE AUS DEM EXIL
Stella Rotenberg
Lied des Verworfenen
Ich hab kein Haus ich hab kein Heim
ich faß nicht Fuß ich laß nicht Keim
ich wohn in niemands Nähe.
Ich wollte wohl und pochte laut
doch hat noch niemand sich getraut
zu schauen was ich sehe.
Ich wollte wohl und pochte sacht
doch hat noch niemand aufgemacht
zu hör`n was ich erflehe.
So irre ich von Städterand
zu Städterand im Niemandsland
und suche eine Nähe.
Stella Rotenberg, geboren 1916 in Wien, musste 1938 ihr Medizinstudium an der Universität Wien wegen ihres Judentums abbrechen und über die Niederlande nach Großbritannien flüchten. Im Exil begann sie 1940 Gedichte zu schreiben, später auch Prosa, die sie in den Bänden "Gedichte" (Tel-Aviv 1972), "Die wir übrig sind" (Darmstadt 1978), "Scherben sind endlicher Hort" (Wien 1991), "Ungewissen Ursprungs" (Wien 1997) veröffentlichte.
Ihre Gedichte sind in ihrer Auseinandersetzung mit der Shoah und ihren Folgen von höchster Aktualität. Im Jahre 1996 erhielt sie das österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse. Stella Rotenberg lebt seit 1948 in Leeds.
Im Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft erschienen: Stella Rotenberg: Ungewissen Ursprungs. Gesammelte Prosa. Hg. und mit einem Nachwort v. Siglinde Bolbecher. Mit Bildern v. Hildegard Stöger. Wien: Theodor Kramer Gesellschaft 1997. 93 S. ISBN 978-3-901602-02-3.
Stella Rotenberg: Gesammelte Gedichte. Hg. v. Siglinde Bolbecher u. Beatrix Müller-Kampel. Wien: Theodor Kramer Gesellschaft 2003.
224 S., ISBN-10 3-901602-07-0. ISBN-13 978-3-901602-07-8.