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2008-04-17 Ausweg Biolebensmittel statt Sackgasse Biosprit Das Beispiel Palmöl und wundersame Querverbindungen Eine Möglichkeit zur Diskussion mit dem Autor besteht am Di., 22. April bei der Veranstaltung: Wir wären gut beraten, uns über Biolebensmittel einen Weltruf zu erarbeiten, anstatt zur Füllung unserer Autotanks Nahrungsmittel aus ärmeren Ländern zu importieren oder die Landwirtschaft bei uns weiter zu intensivieren. Österreich könnte mit der Forcierung der Biolandwirtschaft ein Botschafter für den Weltfrieden sein – eine zukunftsfähige Landwirtschaft setzt auf Eigenversorgung mit Nahrungsmittel und kann im Notfall andere Länder bei Hungersnöten unterstützen. Die gegenwärtige Biospritpolitik führt nur in eine weitere internationale Abhängigkeit, da unsere Flächen bei weitem nicht ausreichen, um uns selbst mit Biosprit zu versorgen. Mindestens 80% davon müssen wir in Zukunft importieren. Diese Flächen fehlen dann anderswo für eine zukunftsfähige Entwicklung. Flächen im Ausland zur Füllung unserer Tanks zu besetzen, führt mit Sicherheit nicht zum Weltfrieden und dem Weltklima hilft es auch nicht. Warum BIO-Lebensmittel statt Biosprit?
In den vergangenen Monaten haben gestiegene Lebensmittel- und Energiepreise bereits in 33 Ländern der Erde zu schweren Unruhen geführt. Der deutsche Bundesfinanzminister spricht bereits von einem „Monster", das die politische Weltbühne betreten hat. Besonders der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln könnte die Sicherheit in der Welt gefährden. Nach ernstzunehmenden Untersuchungen gingen 30 bis 70 Prozent der Nahrungsmittel-Preissteigerungen auf den forcierten Anbau und die Verwendung von Pflanzen für Kraftstoffe zurück. Jeder Prozentpunkt höhere Lebensmittelpreise bedrohe zusätzlich 16 Millionen Menschen mit Hunger. „Während sich manche Sorgen machen, wie sie ihren Benzintank füllen, kämpfen viele andere darum, wie sie ihren Magen füllen können", warnt Weltbankdirektor Zoellick: „Und das wird von Tag zu Tag schwieriger." Palmölplantagen zerstören Regenwald Am Beispiel Palmöl zeigt sich besonders krass der Zusammenhang zwischen Regenwaldrodung und unseren Konsumgewohnheiten. Als vor zehn Jahren katastrophale Waldbrände in Indonesien tobten, wurden Tausende Quadratkilometer Regenwald zerstört und für fast 200 Millionen Menschen wurde die Atemluft knapp. Schon damals ergab die Auswertung von Satellitenbildern: 80 Prozent aller Brände wurden von Plantagenfirmen gelegt, um Platz für die Palmölproduktion zu schaffen! Nicht die so oft als Sündenböcke dargestellten Kleinbauern und –bäuerinnen waren die Verursacher, sondern die in der Plantagenbewirtschaftung tätigen Firmen. Zur kostengünstigen Vorbereitung des Terrains für die spätere Bewirtschaftung haben die beschuldigten Firmen den Wald großflächig abgebrannt. Die Feuer konnten auf die umliegenden, hauptsächlich von der Holzwirtschaft ausgebeuteten Wälder übergreifen. Von der Margarine zum Biodiesel In den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts war die Nahrungsmittelindustrie Abnehmer Nr. 1 von Palmöl. Die stärkste Abnehmergruppe waren die Margarinehersteller mit 20 Prozent an der Gesamtproduktion. Da die Hersteller nicht verpflichtet sind, Palmölfette im Detail zu deklarieren, kann der Konsument sich nur am Begriff „pflanzliche Fette“ orientieren. Um 2000 verarbeitete die Nahrungsmittelindustrie mit Margarine, Snacks, Frittenfett, Fertiggerichten etc. noch 83% der Palmölweltproduktion. 2005 waren es nur mehr 74%. Was war geschehen? Biosprit wurde als Lösung der Klimakrise angepriesen und die Verzehnfachung des Ölpreises seit 1999 ließ Palmöl zur Goldgrube werden. Der für die Industriestaaten bequeme Weg über die Agrotreibstoffe ließ die heilige Kuh der modernen Zeit, das Auto, weiterfahren wie bisher. Manche Länder wie Österreich setzten sogar das Hauptaugenmerk auf Biosprit. Mit immensen Werbemitteln wurde uns allen klar gemacht: „Biosprit ist CO2 neutral und schützt das Weltklima!“ Mit idyllischen Bildern wurde Biosprit wie ein Produkt aus der Biolandwirtschaft dargestellt. 100.000 km 2 .Palmöl in zwei Ländern Warnungen, dass beim Einsatz von Agrartreibstoffen die Auswirkungen der Behandlung schlimmer wären als die Krankheit selbst, wurden ignoriert. Insbesondere in den Schwellen- und Entwicklungsländern zeigen sich nun die Auswirkungen einer verfehlten Biospritpolitik. In Südostasien wird der Regenwald für den Palmölanbau regelrecht niedergewalzt. Die Flächenreserven von Malaysia sind fast aufgebraucht. Der größte Teil der malaysischen Halbinsel besteht bereits aus Monokulturen. In Indonesien sind die Palmöl-Plantagen von 120.000 Hektar im Jahr 1968 auf 5,5 Mio. Hektar 2004 angestiegen. Zwischen 1995 und 2005 verdoppelte sich die Weltpalmölproduktion auf 33,3 Millionen Tonnen. Jeweils etwa 15 Millionen Tonnen produzierte Indonesien und Malaysia. Obwohl die Ölpalme ursprünglich aus Afrika stammt, wurden 86% der Weltproduktion in diesen beiden Ländern geerntet. Nun wird in Indonesien gerade die weltgrößte Palmölplantage in Angriff genommen. In Kalimantan wird eine 18.000 km2 große Palmölplantage angelegt. 2006 haben die EU-Staaten 1 Million Tonnen Palmöl verheizt und 270.000 Tonnen zu Biodiesel verarbeitet. 3,8 Millionen Tonnen gingen in den Nahrungsmittelsektor. Österreich bleibt bei 10% Beimischungspflicht Österreich will ungeachtet dieser bekannten Problematik nach wie vor Biodiesel als Treibstoff einsetzen und dieses hauptsächlich durch Rapsimporte aus osteuropäischen Ländern sicherstellen. Allerdings stellt sich hier folgende Frage: Wenn Länder wie Ungarn und Rumänien selbst der Beimischungspflicht nachkommen, bleibt dann noch genug für Österreich? Auch die Länder, die uns mit Biodiesel versorgen sollen, werden sich an Weltmarktpreisen orientieren und diese werden mit wachsender Nachfrage steigen. Auch sollte man nicht vergessen, dass der steigende Rapsverbrauch für Biosprit die Margarinehersteller zwingt, auf Palmöl umzusteigen. Die Palmöl-Importe nach Österreich haben sich in den letzten Jahren verdreifacht. Fairer Handel eine Alternative zum Palmölverzicht? Wer den Regenwald schützen will, sollte beim nächsten Einkauf auf palmölhaltige Seifen und Abwaschmittel, wie „Palmolive“-Produkte, verzichten und sich für Erzeugnisse aus fairem Handel entscheiden. Neben den bereits allseits bekannten „FairTrade"-Produkten wie Schokolade, Kaffee und Tee, werden z.B. vom Body Shop oder der Fa. Sodasan aus Palmöl bestehende Kosmetika und Waschmittel angeboten, die eine gute Alternative sind, da wichtige Grundbedingungen erfüllt sind: Anstatt der Plantagenbesitzer/innen werden Kleinbauern und -bäuerinnen unterstützt. Diese arbeiten nach den Richtlinien des Biolandbaus und erhalten für ihre Produkte eine gerechte Bezahlung unter „FairTrade"-Bedingungen. Einkaufen für eine bessere Welt Die Nachfrage der Konsument/innen kann die Einführung der Fair Trade - Produkte massiv beschleunigen. Wenn es auch vielen als ein kleiner Schritt erscheint, so hat er doch große Symbolkraft: Denn mit jedem Geldschein gibt der Verbraucher einen „Stimmzettel" für oder gegen bestimmte Handelsstrukturen ab. Grundlage für eine derartige „Einkaufsdemokratie" sind ausreichende Informationen über die sozialen und ökologischen Rahmenbedingungen eines Produktes. Da aber noch keine FairTrade-Margarine angeboten wird, gibt es nur eine Alternative: Die gute heimische Bio-Butter, erzeugt aus Biomilch aus der Region.
Biodiesel ist zu teuer Gemessen an den ökologischen und sozialen Kosten von Biodiesel ist sein Beitrag für den Klimaschutz äußerst gering und volkswirtschaftlich gesehen zu teuer. Pro Tonne eingespartem CO2 fallen bei Agrotreibstoffen zwischen 150 bis weit über 300 Euro an. Volkswirtschaftlich effizient wären aber Vermeidungskosten von unter 50 Euro pro Tonne. Hackschnitzelanlagen und Kraftwärmekoppelungen erreichen diesen Wert mühelos. Auch die CO2-Vermeidungsleistung liegt bei Biodiesel bei nur 3 Tonnen pro Hektar, bei einem Blockheizkraftwerk mit Hackschnitzeleinsatz können problemlos 16 Tonnen pro Hektar erreicht werden. Politische Forderungen von ATTAC Mit scharfer Kritik reagiert das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die gemeinsame Erklärung des Internationalen Währungsfonds' IWF und der Weltbank zum Abschluss ihrer Frühjahrstagung. „Angesichts der drohenden weltweiten Hungerkrise sind die versprochenen 500 Millionen Dollar Soforthilfe ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen eine Abkehr von der Liberalisierungspolitik sowohl in der Landwirtschaft als auch im Handel von landwirtschaftlichen Produkten. ... Auch die Vorschläge von WTO Generaldirektor Pascal Lamy, der den Abschluss der Doha-Runde und somit eine weitere Liberalisierung des Handels als Lösung für die aktuellen Krisen anpreist, würden diese Entwicklungen weiter verschärfen“, erklärt Attac-Obfrau Alexandra Strickner.
ATTAC-Pressemitteilung 15.4.2008 . Literatur: Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung, (Hrsg.) Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 11/ 2007 Pastowski, A., et al., 2007: Sozial-ökologische Bewertung der stationären energetischen Nutzung von importierten Biokraftstoffen am Beispiel von Palmöl, Wuppertal, 235 S. „Wirtschaft & Umwelt“, N1/2008: Schwerpunkt „Essen Tanken“, Zeitschrift, Wien, „Agrotreibstoffe - Freie Fahrt in die Sackgasse?", 2008: (Hrsg.) Klimabündnis Österreich, 1g-08, Wien Salmhofer, C.,1999: "Fair Handel(n)" - soziale und Ökologische Auswirkungen auf Mensch und Umwelt am Beispiel Palmöl, Umweltberatung Wien, Nr. 5/99
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