2006-04-19
Rücksichtslos 2: Die EU-Arbeitszeitrichtlinie
Allzeit verfügbare Humanressourcen
Neben der mittlerweile doch halbwegs bekannten EU-Dienstleistungsrichtlinie bastelt die Kommission noch an weiteren Vorhaben, um nur ja den Standort "wettbewerbsfähig" zu halten. Kaum bekannt ist die in Ausarbeitung befindliche Arbeitszeitrichtlinie (auf das Thema bin ich erst bei Lektüre der Zeitschrift "Die Arbeit" des GLB gestolpert). Mit der Entfesselung des Wettlaufs nach Unten ist die EU damit Vorreiterin im globalen Konkurrenzkampf. Das wird hart - insbesondere auch für Frauen.
Die EU-Arbeitszeitrichtlinie sieht Verschlechterungen für Arbeitnehmer/innen vor. Seit 1993 besteht eine EU-Richtlinie, die zwingende Mindeststandards in Bezug auf Nachtarbeit, Ruhepausen, Jahresurlaub sowie wöchentliche Höchstarbeitszeit der Arbeitnehmer/innen festlegt. Mit der neuen Richtlinie drohen den Beschäftigten überlange und unkalkulierbare Arbeitszeiten:
- Der Durchrechnungszeitraum der Arbeitszeit soll künftig OHNE Zustimmung der Kollektivvertragspartner von vier Monaten auf ein Jahr [!] ausgedehnt werden können!
- Mit einer „Ausstiegsklausel" soll es möglich sein, als Arbeitnehmer/in individuelle Arbeitszeiten mit dem Dienstgeber zu vereinbaren. Die Arbeitszeit kann so (auch dauerhaft!) über 48 Stunden pro Woche hinausgehen. In diesem Zusammenhang sollen sogar 65 Stunden erlaubt sein.
- Neu ist eine „inaktive Zeit während des Bereitschaftsdienstes“, die nicht als Arbeitszeit gelten soll. Der Grundsatz, dass die Verpflichtung z.B. einer Ärztin, einer Verkäuferin, sich am Arbeitsplatz aufzuhalten und verfügbar zu sein, Teil der Aufgaben ist, wird so unterlaufen.
Besonders deutlich zeigt sich an diesen Plänen , wie die herrschende Ökonomie blind ist gegenüber dem Leben und allen Lebensbereichen, die nicht über den Markt laufen: Ob Erholung, Freundschaften, Pflege von Angehörigen, Betreuung von Kindern, ... dies alles ist egal. Und da dies Bereiche sind, in denen Frauen nach wie vor unverhältnismäßig viel leisten, sind Frauen auch besonders betroffen.
Zum Weiterlesen:
AK-Oberösterreich
Zu
Ohne Rücksicht auf Verluste 1: Der sogenannte Kompromiss bei der EU-Dienstleistungsrichtlinie