2006-04-15
Frau als Gefahr in Gefahr
Besonders lernt die Weiber führen
Männerehre, ER-lösung
Die geplante Kunstaktion mit der polnischen Künstlerin Dorota Nieznalska in Salzburg wurde am Dienstag (11.04) abgesagt, weil die Drohungen bedenklich wurden. Die Veranstalter wollten in Form einer Prozession vom Stadtzentrum in den Stadtteil Nonntal die Opferung, "vom christlichen Bild des Opfertodes Jesus Christus hin zum säkularisierten Gebrauch/Missbrauch des Opferbegriffes", thematisieren und dabei eine nackte auf ein Kreuz gebundene Frau mitführen.
Man kann nur opfern, was einem gehört. Weil nur ich selbst mir gehöre, kann nur ich selbst mich opfern. Frau kann das nicht, sie gehört nicht sich selbst. Und so kann sie sich nie verlieren, aber auch nie gewinnen, denn durch die Opferung hindurch wird der Mensch/Mann in ein höheres Bewusstsein hineingeboren.
Ja, ja, die Männerbünde.
Simone de Beauvoir meint in „Das andere Geschlecht“, dass sich in der Frau in positiver Form der Mangel verkörpere, den der Existierende in seinem Herzen trage, und indem der Mann sich selber durch sie hindurch zu finden suche, hoffe er sich selbst zu verwirklichen. Der Mann sucht in der Frau das Andere gleichzeitig als Natur und als Seinesgleichen. Abwechselnd Verbündete und Feindin, erscheint sie als das düsterwogende Chaos, aus dem das Leben sich erhebt, als dieses Leben selbst und als Jenseits, nach dem es immer verlangt: die Frau als Mutter, als Gattin und als Idee ist ein verkleinertes Abbild der Natur. Bald vermischen sich diese Gestalten, bald stehen sie einander entgegen, und jede hat ein doppeltes Gesicht.
Des Menschen Fluch ist es, dass er aus einem strahlenden und geordneten Himmel in das chaotische Dunkel des Mutterleibes hinabgestürzt ist. Er möchte notwendig sein wie eine reine Idee, wie das Eine, das All, der absolute Geist, und findet sich eingeschlossen in einem begrenzten Leib, an einem Orte und in einer Zeit, die er sich nicht gewählt, in die ihn nichts berufen hat, unnütz, lästig und ohne Sinn. Die Zufälligkeit des Fleischlichen ist die seines eigenen Seins, das er in seiner Verlassenheit, seiner ungerechtfertigten Willkür hinnehmen muss. Sie bestimmt ihn auch für den Tod.
Die Frau, die den Mann zur Endlichkeit verdammt, macht es ihm gleichzeitig möglich, seine eigenen Grenzen zu übersteigen: daher ihre ambivalente Magie.
Das Blut ist an sich ein besonderer Saft, das gleichzeitig Leben und Tod bedeutet. Es stellt die Essenz der Weiblichkeit dar und bringt sie in Gefahr.
Unheimlich die Frau, die blutet und daran nicht stirbt. Eide, mit Blut beschworen...
Frauen sind die Felder zum Beackern, sie sind die manipulierbare Materie, aus der der Mann und nur der Mann erlöst werden soll.
Das Weib, sagt Weininger, ist kein Subjekt, sondern immer nur Objekt des Mannes, dessen eigener Subjektstatus dadurch automatisch gesichert ist. Das absolute Weib habe kein Ich. Das Weib sei alogisch und amoralisch, es sündige nicht, weil es selbst die Sünde sei.
Artistinnen und Heilige.
Jetzt wissen wir, woher alles Übel kommt.
Eurydike soll nicht erlöst werden, da lassen sich immer wieder Maßnahmen dagegen finden. Zensur- und Inquisitionszustände in einem Europa, das sich aufgeklärt nennt, werden nicht seltener.
Dass Kunst immer wieder dort aneckt, wo es um Emanzipation geht, wo es um das Herausentwicklen aus Autoritätsangeboten geht, wo es um Suche nach dem Anderen geht, macht sie andererseits so wichtig. Wer stellt noch Fragen? Engagierte Kunst hält uns Zukunft offen und demaskiert mitunter diejenigen, die fundamentalistische Gesellschaften vorziehen würden.
Männerehre – Ehrenmorde.

Herbert de Colle: "Frau", Terracotta, 15cm, 199?