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2013-03-09

Rot und Grün in den Abgrund?

Zur Wahlillusion in Kärnten

„Ein hartes Amt, das wir ausüben werden“ (Rolf Holub)

Alle freuen sich, fast alle. Die FPK hat gewaltig eins auf den Deckel bekommen. Die ÖVP kommt gerade noch mit einer Schramme davon. Als große Sieger fühlen sich SPÖ und Die Grünen.

Sie jubeln. Die Grünen können es kaum glauben. Endlich sind sie nah und vielleicht mit am Ruder, die Guten, die das Böse seit eh und je bekämpfen. Auch bei der SPÖ ist die Freude groß. Man hat, so meint man, den historischen Stammplatz wieder eingenommen: an den Schalthebeln der Macht.

Die bösen Blauen sind besiegt. Nun geht’s an die Arbeit. Wohin aber geht’s da?

Der Siegestaumel überdeckt die Frage, was eigentlich Die Grünen und die SPÖ angesichts der kapitalistischen Vielfachkrise zu einem Ausweg beitragen. Dabei ist die erste Frage freilich, was sie systemisch betrachtet für ein „gutes Leben für alle“ überhaupt beitragen können. Diese Frage ist entscheidend, wenn man dem Spektakel namens „Politik“ nicht gänzlich auf den Leim gehen will.

Was kann der Staat, was kann er nicht?

Was Parteien vermögen und was nicht wird durch den Handlungsspielraum des Staates bestimmt. Der Staat ist grundsätzlich ein Herrschaftsapparat. Die Gesellschaft verwaltet sich nicht selbst, sondern wird von einem Apparat verwaltet, der ihr scheinbar äußerlich ist, jedoch aus ihr hervorgeht. Der Staat ist folglich die Struktur gewordene Anmaßung. Keine einzige Funktion, nicht die Schule, nicht das Gesundheitswesen und nicht die Konfliktregelung sind je nur von Staaten ausgeübt worden. Ein Staat hat ein einziges Alleinstellungsmerkmal: über das „legitime Monopol der physischen Gewaltsamkeit“ zu verfügen, wie Max Weber schreibt. Dieses Monopol dient freilich nicht wesentlich der Regelung von Konflikten in den äußersten Notfällen, die Gewalt unvermeidlich machen. Dieses Monopol hat vielmehr vorrangig die Funktion das Privateigentum zu sichern. Und es dient der Kontrolle von Gewalt, die erst das Privateigentum als ein Symptom aus sich hervortreibt.

In einer Gesellschaft ohne Marktwirtschaft und daher auch ohne Privateigentum gäbe es, sofern sie auf sozialer Gleichheit beruht, zum Beispiel keinen Raub. Wenn es keinen Markt gibt und keinen Anlass für Statuskonkurrenz, dann ist Raub sinnlos. In einer Gesellschaft ohne Marktwirtschaft, die stattdessen ein gutes Leben für alle bedingungslos sichert, durch Gemeingüter und Solidarische Ökonomien, gäbe es nichts von dem, was scheinbar die Staatsgewalt notwendig macht.

Nur in einer Gesellschaft des Privateigentums braucht es einen Apparat, der Privateigentum sichert. Dazu muss es zuerst durchgesetzt werden, und genau das war die historische Aufgabe des Staates für die Wachstumswirtschaft, die er mit Massenmord und Repression erfüllte. Das Privateigentum muss dann weiters gegen Versuche aufrecht erhalten werden, Alternativen zum Wachstum zu finden. Das gelang dem Staat bislang durch Zugeständnisse an soziale Bewegungen einerseits, die aus dem Wachstum finanziert wurden, und durch Unterdrückung und Überwachung andererseits.

Der Staat kann kaum anders, denn die Mittel seines Handelns bezieht er über Steuern aus der Marktwirtschaft, die ihn ökonomisch trägt. Er braucht Wachstum und beruht auf dem Privateigentum. Ein Staat, der das Privateigentum abschaffen will, erschafft es bloß in neuer Form. So nationalisierte der Sowjetstaat zwar einen großen Teil der Wirtschaft und sprach vollmundig von „Sozialismus“, doch blieb Privateigentum in Gestalt von Geld mit allen Widersprüchen intakt.

Gerade weil der Staat als Staat von der Gesellschaft relativ getrennt ist, kann er Krisen nicht verhindern. Er kann bestenfalls manche ihrer sozialen Folgen nachsorgend mildern – und auch das nur, wenn er über entsprechende Einnahmen oder die Möglichkeit der Verschuldung verfügt.

Aus sich heraus macht der Staat nichts Gutes, sondern sucht sich bestmöglich zu reproduzieren, durch den Ausbau seiner Kontrollmacht. Das Interesse des Staates an sich selbst, dass er also weiter bestehen bleibt, macht ihn zu einem potenziellen Gegenspieler jeder Alternative zur Wachstumswirtschaft, die er historisch durchgesetzt hat und von der er in jeder Hinsicht abhängt.

Neue Formen des Wirtschaftens, die den Staat unnötig machen würden, entstehen nicht auf staatliches Geheiß, sie sind nicht Resultat von Parteiprogrammen, sondern von sozialen Bewegungen. Sie werden in sozialen Kämpfen durchgesetzt. Dabei sind strategische Bündnisse mit Teilen des Staatsapparates, manchmal auch mit Regierungsparteien wichtig, aber nur zur Absicherung. Der Staat ist ein Faktor, mit dem zu rechnen ist, mehr nicht.

Die Rede des Politikers

„Der Staat“ freilich ist für sich genommen eine Abstraktion. Strukturen wie der Staat werden von Menschen gebildet, die bestimmte Verhältnisse zueinander eingehen. Diese gesellschaftlichen Verhältnisse prägen die Menschen und die Prägung der Menschen bestimmt ihre Verhältnisse. Wie bei Henne und Ei ist auch eine Struktur nicht ohne die entsprechenden Akteure zu verstehen.

Das Personal des Staates hat spezifische Eigenschaften und ein eigenes Selbstverständnis. Dazu gehören die Parteien und die jeweils Regierenden, die sich aus ihnen rekrutieren. Das Handeln eines Politikers ist von der Konkurrenz gegen andere Politiker geprägt. Einerseits innerhalb der eigenen Partei, andererseits gegen alle anderen Parteien. Dies prägt seinen Habitus. Das Lächeln des Politikers ist ein Zahnpastalächeln und seine ernste Mine eine Theatermine. Er muss gut rüberkommen, er muss sich verkaufen, anderes ist unwichtig – gleich wie bei einem Waschmittel.

Ein Politiker muss danach trachten, möglichst viele WählerInnen hinter sich zu versammeln, weshalb sich seine Positionen abschleifen bis zur Aneinanderreihung von Leerformeln, die auch Grün und Rot nicht anders von sich geben als Blau, Schwarz, Dunkel- oder Hellorange. Zugleich darf er den anderen nicht allzu ähnlich werden. Dieser sozusagen verkaufstechnisch notwendigen Differenzierung am Markt der Politik dient allerdings kaum je der Inhalt. Mehr spielt das Image eine Rolle. Lächelt Rolf Holub freundlich oder schaut er trüb? Wirkt er wie ein Familienpapa oder wie der Aufreißer im Lokal? Suggeriert der Blick des Peter Kaiser Seriosität oder langweilige Biederkeit? Denkt der TV-Zuseher bei Holub an Sauberkeit? Kommt Kaiser oberg’scheit rüber oder einfach nur wie ein Fachmann? Das ist die Ebene, auf der sich Wahlkämpfe abspielen. Von Inhalten ist hier kaum die Rede.

Doch hat Politik jenseits dieser Oberflächlichkeiten zweifellos eine Menge Inhalt. Der allerdings liegt wie gesagt vor allem in Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Staatsmaschine und für ihren Ausbau. Rolf Holub etwa weiß wohl, was er meint, wenn er im Verlauf der Grünen Wahlparty in Klagenfurt von einem „harten Amt, das wir ausüben werden“, spricht (Video, http://www.kaernten.gruene.at).

Hart ist das „Amt“, damit hielt Holub schon 2010 in einem Interview mit der Kärntner Woche nicht hinter dem Berg. Walther Schütz hat dieses Interview in einem Artikel mit dem Titel „Die Rache des Moralisierens“ 2010 analysiert (http://www.kaernoel.at). In der Wahlkabine ist das Gedächtnis bekanntlich kurz. Es lohnt sich folglich, den ganzen Auszug nochmal wiederzugeben:

WOCHE: Braucht Kärnten Bezirkshauptmannschaften und 132 Gemeinden?

Holub: Man muss schauen, dass wir sofort ausgeglichen budgetieren. Es darf überhaupt keine Tabus mehr geben: Ob das Gemeindezusammenlegungen oder Auflösung der Bezirkshauptmannschaften sind. Das Herumwursteln der Politiker nutzt niemandem. Da können die noch so oft von Blut, Schweiß und Tränen sprechen – es geht um Schulden! Das Budget wurde zur Maschine, in die man immer mehr reintut und immer weniger rauskommt – und drinnen sitzen ein paar Schwarze, die das wegfressen – um das zu überzeichnen

WOCHE: Wo soll man sparen?

Holub: Man muss allen Menschen, die im öffentlichen Dienst in Kärnten einen Job haben, sagen: Es tut uns leid, wir haben in den letzten zehn Jahren grausig gewirtschaftet, wir müssen jetzt alle hineinbeißen.

WOCHE: Die Löhne reduzieren?

Holub: Natürlich, was wird uns denn anderes übrig bleiben? Man muss den Menschen erklären: Entweder du kriegst zwei, drei Jahre lang nur mehr 95 % von deinem Lohn oder du bist deinen Job los – das sind sie wirklich. Die Schulden werden ja bis 2020 verdreifacht!

WOCHE: Auch das K-Schema in den Spitälern abschaffen?

Holub: Du kannst den Leuten nicht mehr versprechen als da ist. Das K-Schema wird sich auf lange Sicht sicher nicht mehr ausgehen, wie denn auch? Aber was jetzt in den Spitälern passiert, ist ja gemein: Man belastet die Mitarbeiter bis zu 80 Stunden pro Woche – schlussendlich wird das auch bei den Patienten Tote produzieren.

WOCHE: Den Kampf gegen das GDK [= Gasdampfkraftwerk] in Klagenfurt haben Sie verloren, wie es scheint.

Holub: Wer sagt denn das? Erst wenn es steht, ging der Kampf verloren.

WOCHE: Was tun Sie, wenn der GDK-Bescheid in letzter Instanz auch noch positiv ist?

Holub: Das Ganze ist eindeutig Korruption. Das System, das so was baut, ist korrupt. ...

Es wäre blauäugig anzunehmen, dass Rolf Holubs Grüne nun just von solchen Ankündigungen Abstand nehmen wollten. Sollten sie in die Regierung kommen, haben sie auch objektiv das Interesse, den Verwaltungsapparat den Erfordernissen der Wachstumswirtschaft anzupassen.

Ähnlich sieht das im Fall von Peter Kaiser aus. Er unterstützte schon vor der Wahl die Gesundheitsreform des Bundes, die eine Deckelung der Ausgaben für das Gesundheitswesen vorsieht. Klarerweise ist damit auch das Zurückfahren von Leistungen verbunden, auch wenn Kaiser, ganz Politiker, das ohne Skrupel abstritt. Umso schlimmer für die Zeit nach der Wahl.

In der von ihm unter Ausschluss der Öffentlichkeit formulierten „Gesundheitscharta“ findet sich diese Zielrichtung in gewohnt diplomatischen Worten unter Punkt 2 (http://solidarischgsund.org):

„Es sollen sämtliche Maßnahmen getroffen werden, um den Geldmitteleinsatz der KABEG so zu gestalten, dass die hohe Qualität des Kärntner Gesundheitssystems erhalten bleibt und weiterentwickelt werden kann. Hierbei ist aber auch auf Optimierungsmaßnahmen im laufenden Betrieb Rücksicht zu nehmen, um den hohen Versorgungsstandard weiterhin zu garantieren.“

Man muss „auf Optimierungsmaßnahmen im laufenden Betrieb Rücksicht nehmen“. Warum das? Natürlich „um den hohen Versorgungsstandard weiterhin zu garantieren.“

Wow.

Der Mann hätte sich gut gemacht in der UNO.

Korruption: ein Ablenkungsmanöver

Es fällt ins Auge wie sehr sich Grün und Rot auf das Thema Korruption einschießen. Rolf Holub spielt dabei den Saubermann par excellence. Sauberer geht’s gar nicht. Die Nähe zu rechter Sprache, die vor Sauberkeit nur so strotzt, kommt nicht von ungefähr. Rechte Ideologien gründen auf der Vorstellung der Reinheit des Blutes, des Volkes. Sie unterstellen eine an sich harmonische, krisenfreie kapitalistische Gesellschaft, die nur durch die „Schmarotzer“ Krisen produziere.

Nicht anders Holub. Die „Schmarotzer“ sind nun die „Korrupten“, die Holub zur Hauptthematik von Politik überhaupt erklärt. Während man in Athen Jagd auf MigrantInnen macht, weil man sie als Schuldige der Krise wähnt, macht Holub Jagd auf die „Korrupten“. Der Kapitalismus, der ist super, so die Message, nur der Scheuch ist doof. Diese Feststellung setzt rassistische Gewalttaten nicht mit Holubs Saubermacher-Aktionismus gleich. Die strukturelle Ähnlichkeit bleibt dennoch bestehen.

Dem entspricht überhaupt die fixe Idee der „Reinheit“ im Grünen Diskurs seit den Demos gegen Schwarz-Blau in Kärnten 2010. Da war von „Nestbeschmutzern“ die Rede und vom „Ansehen Kärntens“, das diese beflecken. Der Unterschied zum FPÖ-Diskurs war genau Null.

Im Vergleich zum aufgeregten Grünen Saubertum, das Holub von Haider geerbt hat, vermittelt die SPÖ geradezu eine angenehm traditionalistische Nüchternheit. Dennoch fährt auch sie vor allem ab auf Korruption, wenn man sich etwa die prominent auf ihrer Website hervorgehobenen „40 politischen Grauslichkeiten“ ansieht (http://kaernten.spoe.at).

Korruption ist für Holub und Kaiser sicher keine Katastrophe. Korruption ist vielmehr ihre Basis. Sie ist das Beste, was Grün und Rot in Kärnten überhaupt passieren konnte. Auf dieser Welle schwimmen sie. Kein Holub ohne Scheuch. Kein Kaiser ohne Dörfler. Die Schamlosigkeit der FPK-ÖVP-Regierung ging so weit, dass es sogar den von Haider verwöhnten Kärntnerinnen und Kärntnern zuviel geworden ist. Nun erstrahlen die Sauberen dieses Landes in umso hellerem Licht. Die erste Regierung, die sich vor allem als Waschmittel definiert. Das ist in der Tat zukunftsweisend.

Dass es den Leuten in Kärnten keinen Deut besser gehen wird, sollten Holub und Kaiser keinem Russen eine Staatsbürgerschaft vermitteln, scheint irgendwie aus dem Blick zu geraten. Die „Empörung“, die heute bei den Mut- und Wutbürgern so groß im Ansehen steht, macht offenbar blind gegenüber dem System, das immer offensichtlicher die Menschen in den Abgrund fährt.

Die strukturelle Dummheit der Politik

Die wirkliche Problemstellung ist heute keine einzelne, die man sauber – Holub in unseren Ohren – isolieren könnte. Wir haben es stattdessen mit einer Vielfachkrise zu tun: des Klimas, der Ernährung, der Arbeitsverhältnisse, der Lebensqualität, des Anspruchs auf soziale Gleichheit. Korruption hat damit nichts wesentlich zu tun. Außer man begreift Korruption als Strukturmerkmal der Marktwirtschaft. Das ist aber sicher nicht Holubs oder Kaisers Ansinnen. Die Antikorruption ist dumpf bis dumm. Der Versuch von Holub, das gescheiterte Gasdampfkraftwerk in Klagenfurt als Ausgeburt eines „korrupten Systems“ zu deuten wie in dem Interview oben, grenzt an Irrsinn oder Idiotie.

Die entscheidende Rolle der fossilen Energieträger hat vielmehr strukturelle Ursachen. Würde man mit den Erneuerbaren genauso viel Profit machen können wie mit den Fossilen, so wäre die Energiewende längst geschehen. Würde die kapitalistische, auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaft mit PV & Co. ebenso florieren wie mit den Fossilen, wären die Erneuerbaren kaum der Rede Wert. Dem ist jedoch nicht so. Das hat nichts mit Korruption zu tun, sondern mit den technischen Vorteilen der Erneuerbaren für eine Wirtschaft, die billige und scheinbar endlos steigerbare Energie nachfragt.

Das heißt nicht, dass die Energiewende eine Frage des politischen Willens wäre. Die muss kommen, nicht zuletzt weil Erdöl den Höhepunkt der Förderung, den Peak Oil, wahrscheinlich schon überschritten hat und auch bei Erdgas für Europa vermutlich bald ein Versorgungsrückgang droht. Allerdings geschieht die Energiewende nicht automatisch. Die Erneuerbaren hängen bis auf Weiters von den Nicht-Erneuerbaren ab. Und sofern die Wirtschaft kapitalistisch funktioniert, generiert sie die für die Energiewende in diesem Rahmen nötigen Investitionen nur wenn sie wächst.

Die Erneuerbaren werden insbesondere in der längeren Übergangsperiode wahrscheinlich nur einen geringeren, jedenfalls keinen wachsenden Energieoutput mehr erlauben. Es kann auch sein, dass im Zuge des krisenhaften Niedergangs des fossil getriebenen Wachstumsregimes auf absehbare Zeit überhaupt kein hoher Energieoutput mehr erreicht werden wird.

Doch im Grünen Tunnelblick der „Korruption“ verschwinden solche Fragen. Da gelten die „erneuerbaren“ Hochtechnologien wie Photovoltaik oder Windkraft, ganz wie unter der FPK, als selig machende neue Wachstumsmotoren. Dass es auch für die „Erneuerbaren“ harte Grenzen gibt, bleibt Außen vor. All diese Technologien sind auf Bergbau angewiesen, der alles andere als ökologisch und sozial verträglich ist. Sie wären noch erheblich teurer, bezahlte man den „wahren Preis“ der für sie nötigen Metalle. Dabei wäre noch gar nicht bedacht, dass einige Folgewirkungen des Bergbaus technisch gar nicht in den Griff zu bekommen sind, wie etwa der langfristige Säureaustrag.

Die „erneuerbaren“ Hochtechnologien stoßen mehreren Studien zufolge auf Grenzen der Verfügbarkeit von Metallen, wenn man, was Die Grünen korruptionsverblendet tun, nach einer „grünen Wachstumswirtschaft“ strebt. Sogar ein Massenmetall wie Kupfer dürfte in diesen Jahren den Gipfelpunkt der Förderung erreicht haben, ähnlich wie Gold, Silber und einige andere.

Solche Aspekte liegen weit jenseits des Tellerrands der rot-grünen Antikorruptionsbrigaden und ihrer Saubersuppe. Wahrscheinlich verstehen sie wirklich nicht, dass Effizienzsteigerung etwas anderes ist als Einsparung von Energie. Dabei ist die Sache eigentlich sehr einfach. Steigende Effizienz bedeutet sinkende Kosten pro Produkteinheit. Die ersparten Kosten werden in der Wachstumswirtschaft erneut investiert, womit der Output an Produkten steigt und den ökologischen Effekt der gestiegenen Effizienz kompensiert. Deshalb wachsen in der Regel Effizienz und Verbrauch zugleich.

Man sieht an diesem Beispiel, wie auch einfache Zusammenhänge gar nicht begriffen werden können, weil sich die Politik von vornherein das Brett der Marktwirtschaft vor den Kopf setzt. Ob man wirklich dumm sein muss, um da auch überzeugend mitzuspielen, sei dahingestellt. Die es nicht sind, haben jedenfalls gar keine andere Wahl, sofern sie eben als Politiker gewählt werden wollen.

Weder die Grünen noch die SPÖ stellen sich die Frage, warum das Auskommen an ein Einkommen gebunden ist. Das können sie nicht, denn sie setzen Marktwirtschaft und Kapitalismus voraus. In diesem Rahmen kann es immer nur eine andere Verwaltung der Armut geben, keine Überwindung, wie kontrafaktisch Kaiser suggeriert. Keine der beiden Parteien nimmt die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen ernst, das ein Element eines Übergangs in eine Solidarische Postwachstumsökonomie sein könnte.

Keine übt eine Kritik der sozialen Ungleichheit, die ja nicht auf eine engstirnige „Armutsbekämpfung“ hinauslaufen kann, sondern in die Angleichung von sozialem Status, also eine Ausgleichung von Machtpositionen münden muss. Bei den paradeneoliberalen Grünen steht übrigens auch das Thema Armut in der Rubrik „Ferner liefen“. „Solidarität“ buchstabiert ihr Parteiprogramm zuerst provinznationalistisch als ein „Solidarisches Kärnten“ und dann noch geradezu lachhaft mit den Zwischenüberschriften „Bildung ist eine Zukunftsinvestition“, „Jugend & Sport“, „Frauen - gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und „Gesund & Sozial“. Man kann sich eine genauere Analyse hier ersparen, die Schlagworte sagen bereits alles.

Keine der beiden Sauberparteien fordert deutlich mehr Steuern auf Kapitalgewinne, Spitzeneinkommen und Großvermögen, die allein die Armut, also den Abstand zu den Reichsten vermindern würden. Keine kritisiert die Spaltung der Gesellschaft in die Eigentümer der Produktionsmittel und diejenigen, die für die Eigentümer arbeiten müssen. Dabei ist dies der eigentliche Grund der Armut, von Arbeitslosigkeit und sozialem Elend.

Keine kritisiert das Wachstum der Wirtschaft, das unsinnig ist, ja schädlich, und mit Lebensqualität nichts zu tun hat. Keine fordert die Rücknahme der „Bankenrettung“ zugunsten der Rettung der Menschen vor frühzeitigem Tod durch die gewachsene soziale Ungleichheit, die nachweislich die Lebenserwartung reduziert. Keine fordert den Aufbau von Gemeingütern und den Abbau von Parteien und des ganzen Staatsapparats, der ihnen dient und dem sie dienen.

Keine von ihnen schießt sich selbst ins Knie…

…und das kann man ihnen ja nicht mal vorwerfen, oder?

Worum es wirklich geht

Wenn man Parteien an dem misst, was sie überhaupt in der Lage sind zu tun, und wenn man bedenkt, wie sie funktionieren müssen, wenn sie gewählt werden wollen, dann kann man sich weder über den Sieg der einen noch über die Niederlage der anderen so recht freuen.

Im Grunde muss man die Sache nüchtern sehen, und dies ist eigentlich der Hauptzielpunkt der Kritik. Wahlergebnisse sollten uns nicht mehr dazu führen, „auf den Straßen zu tanzen“, wie Immanuel Wallerstein angesichts der systemischen Krise des Kapitalismus empfiehlt. Es gibt Parteien, die dem Weg aus dem Kapitalismus mehr im Weg stehen als andere. In Kärnten, wo es eine dafür relevante Bewegung momentan nicht gibt, sind alle Parteien bislang gleich irrelevant, wenn man so will.

Das soll nicht negieren, dass es kleine Unterschiede zwischen Parteien gibt, die in Teilbereichen von großer Bedeutung sein können. Doch wird man sehen, ob sich zum Beispiel die Asylpolitik in Kärnten nun verbessert. Was zum Beispiel Holubs Konsorten schon vor der Wahl zum Besten gaben, sollte allein zur gezielten Stimulierung von Brechreiz zum Einsatz kommen.

So hält das Grüne Programm für Magenstarke Folgendes parat: „Die Grünen Kärnten treten für eine geregelte Zuwanderung ein. Dabei sollen auch die Qualifikationen der Menschen, die sich in unserem Land niederlassen wollen, berücksichtigt werden. Ein Integrationsleitbild als Grundlage für integrative Maßnahmen muss unverzüglich erstellt werden.“ (Grünes Parteiprogramm)

Die Grünen wollen also nach wie vor die tödlichen Grenzen der EU und damit Österreichs aufrecht erhalten, die errichtet worden sind um die von dem kapitalistischen System ins Elend Getriebenen auszuschließen von den Früchten ihrer Länder und ihrer Arbeit. Sie wollen jedoch jene ausgenutzt wissen, zum Wohle der „Einheimischen“, die der österreichischen Wirtschaft passende „Qualifikationen“ aufweisen. Die anderen sollen sich, ganz unpolitisch gesagt, schleichen woher sie gekommen sind. Und Die Grünen drohen mit „integrativen Maßnahmen“, also Maßnahmen zur Disziplinierung durch Einbezug in das System der Lohnarbeit, der staatlichen Überwachung und der sozialen Normierung, das diese Gesellschaft und ihr Elend ausmacht.

Ich erspare mir eine Analyse der restlichen Partien der Parteien, von der grünen „Kostenwahrheit“ bis zur totalen Schule in Kaisers Ganztagsvision, die auch Die Grünen unterstützen.

Man wird also sehen. Viel Positives zu erwarten ist jedenfalls nicht. Die auf das politische Parkett fixierten Linken in Kärnten ähneln Kinobesuchern, die vergessen, dass sie einen Film betrachten.

Das Leben nach dem Kapitalismus, das beginnt erst nach der Illusion.

Zur Frage der Grenzen der Erneuerbaren:

Exner, A.; Fleissner, P.; Kranzl, L.; Zittel, W. (2012): Kämpfe um Land. Gutes Leben im post-fossilen Zeitalter. Mandelbaum-Verlag, Wien. (http://www.mandelbaum.at)

Zu Korruption als Spitze der Marktwirtschaft:

Exner, A.: Korruption: die Spitze der Marktwirtschaft, 11.2.2013, kärnöl.
r Korruption: die Spitze der Marktwirtschaft
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dw, 2013-03-14, Nr. 5892

der gedanke im text bezüglich des privateigentums, dazu möcht ich was anmerken.
überlegen wir mal, wieviele österreicher/innen verfügen über privatvermögen/realitäten?
niemals werden diese leute es zu lassen, dass dieses system zusammenfällt.
deshalb sind meistens die, die viel zu verlieren haben (an materiellen gütern) in den schlüsselpositionen und jetzt meine ich nicht nur politische schlüsselpositionen!
mir stellt sich nur eine frage: wie mobilisiert man den teil der bevölkerung, welcher über kein privateigentum/vermögen usw verfügt!?? diese leute hätten ja eigentlich nix zu verlieren...sie haben nur angst...oder sind sie zu dumm? also ich bin mir ja nicht so ganz sicher, ob es wirklich mit intelligenz zu tun hat, ich persönlich zähle mich auch nicht zu den geistesblitzen, aber so einfach mechanismen kapiere ich dann halt doch...ansätze halt...nicht so wie sie, lieber herr exner, sie haben ja den sogenannten detaildurchblick.
und dann werde ich in letzter zeit halt doch patzig und denk mir, ich bin es leid, diesen idioten eine bessere und fairer welt zu erklären, sie wollen und können sich halt doch noch nicht weiterbewegen und ihre horizonte öffnen.na was tut man mit einer solchen überfressenen und gesättigten gesellschaft? NICHTS
sie wählen rot oder grün oder blau oder schwarz oder irgendwelchen anderen lächerlichen schwachsinn und hoffen auf bessere zeiten.
und wir?
wir können NICHTS TUN. weil sie einfach (noch) in der überzahl ihrer geistigen umnachtung sind.

dw, 2013-03-14, Nr. 5893

PS: da war die FPK ja gar nicht so schlecht, sie hätten kärnten wenigstens eine schnellere insolvenz bereitet. ja und nach der insolvenz stirbt auch nicht die ganze menschheit, siehe ISLAND. alle isländer/innen leben noch

Andreas Exner, 2013-03-14, Nr. 5894

Lieber DW

Der Artikel sollte kein Drüberstehertum suggerieren.

Mein Punkt ist nur, dass die Politik, weil sie v.a. von dem Radl "Kapitalismus" abhängt, das sie zugleich am Laufen hält, unnötig verblendet. Konkret bezog sich das auf die ökologische Frage. Hier dominiert die Ansicht, man müsse bloß die Effizienz steigern um das Problem zu lösen, das heißt Ressourcen absolut einzusparen. Effizienz ist eine relative Größe, ein Verhältnis zwischen Input und Output, worum es geht ist aber die absolute Größe, der Verbrauch (der Input absolut). Effizienz steigern ist eben in einer Wachstumswirtschaft nicht gleich Verbrauchsreduktion.

Zugleich denke ich, dass es sicherlich unterschiedlich klar blickende Menschen gibt, das hat überhaupt nichts mit Bildungsabschlüssen oder so einem Quatsch zu tun. Wenn man so will, ist das eine eigene (vielleicht die entscheidende) Form von "Intelligenz", die allerdings (wie bezeichnend) ein Intelligenztest nicht misst. (Daran sieht man, dass es sich um etwas Interessantes handelt, um etwas nicht rein Maschinelles, also wesentlich Menschliches.)

Der Mensch ist die Revolte, und wo sie oder er nicht revoltieren, könnten sie genauso gut durch eine Maschine ersetzt werden. Freiheit und damit Menschlichkeit beweist sich im Widerstand, solange es Herrschaft gibt.

Ihre Frage, wie man jene ansprechen, gar motivieren kann zu revoltieren, die objektiv eigentlich wenig Grund haben sollten, NICHT zu revoltieren, ist sehr wichtig.

Ich denke, eine lange Geschichte der Gewalt hat dieser Schichte den Widerstand regelrecht ausgetrieben. Diese Schichte wäre an sich gar nicht machtlos und sogar zahlreich, wie ich glaube: Wieviele Menschen auch in Österreich verfügen schon über mehr als zwei Monatsgehälter, die sie von Armut trennen?

Nach der Zerschlagung all ihrer Versuche, das System zu brechen, die es immer wieder gegeben hat, auch mit Unterstützung einiger aus der oberflächlich saturierten, aber doch auch emotional leeren und daher verzweifelten Mittelschicht (besser: Kleinbürgertum), klammern sich die Angehörigen dieser Schichte wohl vor allem an die Illusion des individuellen Aufstiegs durch "eigene Leistung" - oder jedenfalls der Verhinderung von Schlimmerem durch Konformität.

Meine Hoffnung liegt daher momentan mehr auf den Lohnabhängigen des Südens und denen, die sich dagegen wehren vom Lohn abhängig zu werden (siehe La Via Campesina) als auf den Lohnabhängigen hierzulande. Aber das gilt nur für den Moment.

Was motiviert Menschen zur Revolte? Frances Fox Piven und Richard Cloward haben sich diese Frage in ihrem eindrucksvollen Buch "Poor People's Movement" vorgelegt. Ich möchte dazu einige Reflexionen schreiben, weil sie mir für heute wichtig scheinen.

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