2003-04-08
Ostermahl
Gefüllte Lammsfüße
Liebe kärnöl Leser und Leserinnen, die Fastenzeit neigt sich ihrem Ende zu. Ich hoffe,
Sie haben Ihr trautes Heim und Ihren Garten schon von dem winterlichen Spinngewebe befreit
und in Ihren frisch geputzten Fensterscheiben spiegelt sich die wärmende Frühlingssonne.
Denn mit Riesenschritten nähert sich das heilige Osterfest.
Ich möchte Ihnen heute ein altes Rezept für ein besonderes Ostermahl verraten. Wenn Sie
glauben, dass die hochwürdigen Stiftsherrn nach dem Auferstehungshochamt wie die ländliche
Bevölkerung sich am Osterschinken labten, so irren Sie gewaltig. Dieser österliche
Brauch des Verzehrens eines gekochten Schweineschinkens wurde zwar in Ermangelung der
fehlenden Lämmerzucht geduldet, entspricht aber in keiner Weise der ursprünglichen
katholischen Ostertradition.
Schon zu Beginn der Fastenzeit wurden von Pater Hofmeister drei bis sechs Lämmer aus
der klösterlichen Schafherde ausgewählt und in die Obhut eines Knechtes übergeben. Dieser
versorgte die Mutterschafe und ihre Lämmer mit den besten getrockneten Almenkräuter, die
er über den Sommer auf den klösterlichen Almen eingesammelt und in der milden Herbstsonne
getrocknet hatte.
Nachdem die Lämmer am Karfreitag zur neunten Stunde geschlachtet wurden, blieben sie bis
zum Karsamstag Abend an einem kühlen, luftigen Ort hängen. Für das mitternächtliche
Ostermahl durfte ich nur die zarten Lämmerfüßchen verwenden. Diese wurden sauber geputzt
und in gesalzenem Wasser so weich gesotten, bis man ihnen das Rohrbein ausziehen konnte,
dann mit Suppe und Wurzelwerk aus der klösterlichen Gärtnerei noch ein wenig gedünstet und
hierauf lau aus dem Safte genommen und abgetrocknet. Sodann füllte ich sie statt des Beines
mit dickem, mit Dotter legiertem Ragout von Bries, frischen venezianischen Jungerbsen,
getrockneten südsteirische Eierschwammerln und oberitalienischem Rundkornreis und ließ die Füße
bis zur mitternächtlichen Stunde erkalten.
Kurz bevor die hochwürdigen Stiftsherrn vom Auferstehungshochamt in den klösterlichen Speisesaal
kamen, schnitt ich die gefüllten Lammfüßchen zu Scheiben, bestrich diese mit einer dicken lichten
Sauce (aus Kalbsfleisch und Wurzelwerk), drehte sie in Mehl, Ei und Brösel und buk sie in feinstem
Schweineschmalz goldgelb heraus.
Als Beilage reichte ich für gewöhnlich süditalienische Frühkartoffeln in Petersile und Butter
geschwenkt.
Dazu empfehle ich Ihnen einen leichten friulanischen Merlot und als musikalische Nachspeise "Schlag" (
eine CD von der Gruppe Volksmilch).
Gutes Gelingen und ein friedvolles Osterfest
wünscht Ihnen
Ihre
Franziska