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ÖBV- Via Campesina Austria

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2011-05-31

Reto Sonderegger: „Biologische Landwirtschaft = Bäuerliche Landwirtschaft?“

Auf den ersten Blick scheint ja meistens alles klar zu sein. Natürlich ist biologische Landwirtschaft bäuerliche Landwirtschaft. Was soll also das Fragezeichen im Titel?

.

Redaktionelle Anmerkung

Nebenstehender Beitrag ist zuerst erschienen in der äußerst empfehlenswerten Zeitschrift:

Heuer stand der Weltladentag unter dem Motto r „öko&fair ernährt mehr!“. Weil die erhobenen Forderungen aus unserer Sicht in die richtige Richtung gehen, hat sich der ÖIE in Villach an der Aktion beteiligt.

Für uns ist das der Grund, in den nächsten Wochen einige Beiträge zum Thema Landwirtschaft und Perspektiven unserer Ernährung zur Diskussion zu stellen. Ganz herzlichen Dank an die ÖBV-Via Campesina Austria für die Kooperation.

Als Biobauern arbeiten wir mit der Natur zusammen und nicht gegen sie und vor allem achten wir auf möglichst geschlossene Kreisläufe auf unseren Betrieben. Dennoch wirft die Entwicklung des Biolandbaus spätestens seit dem Eintritt der großen Supermärkte in die Biowelt einige Fragen auf, die wir hier behandeln wollen, um eine selbstkritische Reflexion zu fördern.

Der energetische und stoffliche Kreislauf auf dem Hof ist ein Ideal, das in der Wirklichkeit nie erreicht werden kann. Denn als Produzent/innen von Lebensmitteln verlassen diese unseren Hof, um andere Menschen zu ernähren. Doch das Loch kann größer oder kleiner sein. Auch die biologische Landwirtschaft, zumindest in der industrialisierten Nordhemisphäre, ist auf viele Inputs von außen angewiesen. Wenn heute im Zusammenhang von Peak Oil über unsere erdölabhängige Gesellschaft nachgedacht wird, können wir uns auch als Biobauern nicht mehr herausnehmen. Schließlich leben wir ja nicht in einer Seifenblase über dieser Welt, sondern stehen mitten in ihr drin, mit beiden Füßen auf dem Boden.

Lange ist es her, dass das Erdöl die Zugtiere als Zugkraft abgelöst haben. Ebenso lange ist es her, das die Energie für die Zugkraft nicht mehr auf dem Hof produziert wird. Der Einzug des Erdöls in die Landwirtschaft hat zu einer enormen Rationalisierung der Agrarproduktion geführt und abertausende Menschen aus dem Primärsektor herausgespuckt. Von den noch heute agrarpolitisch hochgehaltenen Familienbetrieben ist nicht viel übriggeblieben. Häufig haben wir heute einen Einmann- oder Einfraubetrieb, bei dem der Partner oder die Partnerin auswärts arbeitet, um den Hof zu finanzieren, weil die Produzentenpreise derart in den Keller gefallen sind. Mit der Umstellung auf Traktorzug wurde viel ehemalige Futterfläche für die Zugtiere frei. Das bedeutete meistens eine Intensivierung dieser Flächen, von denen viele extensive Wiesen für die Pferde waren. Diese Wiesen wurden intensiver gedüngt, um konzentrierteres Futter für die Kühe zu bekommen, oder zu Ackerland umgebrochen. Damit einher ging ein Verlust der Artenvielfalt, aber auch der Verlust traditionellen Wissens, welches von Generation zu Generation weitergegeben worden war. Wer kann heute noch zweispännig pflügen oder nur einfachste Arbeiten mit einem Pferd ausführen? Auch wir Biobäuerinnen und Bauern sitzen in der gleichen Falle wie die Restgesellschaft. Wie produzieren wir, wenn uns der Ölhahn zugedreht wird? Sollten wir uns nicht jetzt schon auf eine postfossile Landwirtschaft einstellen? Wie ist so ein Einstieg in den Ausstieg, in eine Übergangsphase überhaupt wirtschaftlich möglich? Eine Bewegung in die Richtung wird nur möglich sein, wenn sich die Gesamtgesellschaft in diese Richtung bewegt. Dennoch können wir Bauern und Bäuerinnen eine Vorreiterrolle in diesem Prozess wahrnehmen, in der wir versuchen müssen, möglichst viele andere Menschen zu überzeugen und auf unserem Weg mitzunehmen.

Eine weitere Vergrößerung des Lochs im Stoffkreislauf des Hofes waren und sind die Futtermittelzukäufe. Früher war der Tierbestand eines Hofes auf die Futterproduktionskapazität abgestimmt. Bäuerliche Landwirtschaft war zwingend Kreislaufwirtschaft und bodenabhängig. Die zunehmenden Futtermittelimporte führten zu überhöhten Tierbeständen, deren Mist und Gülle die knappen Felder und Wiesen überdüngten und zu Nitrat im Trinkwasser und Phosphorproblemen in den Gewässern führten. Diese Probleme hat man heute in der Schweiz mehr oder weniger im Griff. Dennoch ist die Abhängigkeit von Futtermittelimporten augenscheinlich, auch im biologischen Landbau. Von den Eiweißträgern im Kraftfutter werden 97% importiert, bei den Futtergetreiden etwa drei Viertel. Wir stehen vor dem Problem, dass wir mit Tieren arbeiten, die wir nicht mehr selber, also hofeigen, füttern können. Am extremsten ist dies wohl in der Hühnerhaltung der Fall. Auch im Bio wird mit der gleichen Genetik gearbeitet, mit Doppelhybriden für Eier und Mast, die im Besitz von zwei oder drei Multinationalen Konzernen sind, und die ihre Hochleistung nur bringen, wenn sie auch entsprechend gefüttert werden. Nicht nur schlüpfen keine süßen Küken auf unseren Betrieben, wie uns die Werbung manchmal weiß machen will, sondern auch ein großer Teil des Futters kommt von weit her: Soja aus Brasilien und Maiskleber aus China sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Auch die Handelsdüngemittel reißen den Stoffkreislauf weiter auf. Zwar sind im biologischen Landbau synthetische und mineralische Dünger verboten, dennoch gibt es ein Angebot in Hülle und Fülle, da der wirtschaftliche Druck immer mehr zunimmt und die ehemaligen Allrounderbetriebe immer weiter in Spezialisierungen zwingt, was oft auch die Aufgabe der Viehhaltung und somit des traditionell gemischten Betriebes bedeutet. Dass die Bio-Hilfstoffliste mittlerweilen 115 Seiten umfasst und man problemlos auch Produkte von Syngenta und Bayer finden kann, wirft weitere Fragen auf. Der Biolandbau, der sich historisch gegen die Industrialisierung und Chemisierung der Landwirtschaft wehrte, ist heute selber zu einem interessanten Markt für die weltweit dominierenden Agrokonzerne geworden. Während Syngenta in Südamerika weiter in Europa verbotene Mittel verkaufen und für eine Agrarreform kämpfende Kollegen der brasilianischen Landlosenbewegung ermorden lassen kann[1], verkaufen sie uns hier Schwefel- und Kupferprodukte für den biologischen Pflanzenschutz und verweisen auf ihr Engagement für den Biolandbau mit ihrer Nachhaltigkeitsstiftung[2]. Ebenso fragwürdig sind die Guanoexporte (Vogeldung von den Klippen der Pazifikküste) aus Peru für die europäische Biolandwirtschaft oder Hobbygärtner. Anstatt Tausende von Kilometern zurückzulegen, könnte dieser Dünger helfen, die ausgelaugten Böden in den Berggebieten und Hochebenen der Anden zu beleben.

Bedenklich ist auch, wie sich eine konventionelle Denkweise im Biolandbau eingenistet hat und zur Mehrheitsmeinung geworden ist. Gibt es ein Pflanzenschutzproblem, wird der Schädling oder die Krankheit gesucht, um ihn direkt zu bekämpfen. Immer weniger wird versucht, Pflanzenschutz- oder Gesundheitsprobleme ganzheitlich zu ergründen und Antworten zu suchen. Diese Inputabhängigkeit hat in Südamerika auch dazu geführt, dass sich ländliche soziale Bewegungen vom Biolandbau abgewendet und sich der „Agroecología“ zugewandt haben. Sie wollen möglichst unabhängig und selbstbestimmt produzieren und leben und die Früchte ihrer Arbeit in ihrem Land absetzen und nicht transatlantische Nischenmärkte besetzen. Denn nur indem sie ihre gesellschaftliche Wichtigkeit und Notwendigkeit in ihrem eigenen Land unter Beweis stellen können, werden sie ihre gesellschaftliche Lage verbessern. Wie die Biopioniere sehen die Exponenten der Agrarökologie die Lösung in der Schaffung eines durch hohe Artenvielfalt stabilen Agarökosystems. Ein System, welches sich in sich selber ausgleicht und stabilisiert. Doch der Trend zur Spezialisierung und Monokulturalisierung wegen des wirtschaftlichen Druckes geht in die entgegengesetzte Richtung. Um diese Entwicklung umzukehren, muss man Strategien entwickeln, die über den bäuerlichen Tellerrand hinaussschauen und die ganze Gesellschaft grundlegend transformieren.

Zum Autor:
Reto Sonderegger
Sekretär Uniterre
ab Juli 2011 Biobauer im Nordosten Argentiniens

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[1] http://www.mst.org.br/node/4890... zurück zum Text

[2] https://www.fibl-shop.org/shop/pdf/1032-betriebsmittelliste.pdf und http://www.syngentafoundation.org/index.cfm?pageID=361... zurück zum Text

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SlkTe,ehere is no po, 2016-07-20, Nr. 6475

SlkTe,ehere is no point in trying to convince you of anything as your mind is made up due to personal reasons and subjective views it seems, rather than objective thinking.So let’s just leave it at that.

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